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Verladeprobleme lösen – stressfrei mit dem Pferd in den Anhänger

  • Tierisch schlau
  • 7. Aug.
  • 8 Min. Lesezeit

Das Pferd soll in den Anhänger und nichts geht mehr. Dieses Szenario kennen viele Pferdebesitzer: Das Verladen wird zum Nervenkrieg, weil das Pferd einfach nicht einsteigen will. Verladeprobleme sind weit verbreitet und können unterschiedliche Ursachen haben: Angst vor dem dunklen, wackeligen Anhänger, schlechte Erfahrungen bei früheren Fahrten oder schlicht mangelndes Training. Die gute Nachricht: Mit Geduld, konsequentem Üben und den richtigen Methoden lassen sich die allermeisten Pferde wieder stressfrei verladen. In diesem Ratgeber erfährst du praktische Tipps und Übungen, um deinem Pferd die Angst vorm Anhänger zu nehmen und selbst ruhig und souverän zu bleiben. Das Ziel ist, dass Hängerfahren für euch beide zur Routine ohne Drama wird.


Vorweg das Wichtigste: Die Lösung heißt Übung, Geduld und Vertrauen, nicht Kraft oder Zwang. Jedes Training sollte ruhig und schrittweise ablaufen. Im Folgenden zeigen wir dir, wie du systematisch vorgehst, welche Ausrüstung hilfreich ist und wie du typische Fehler vermeidest.


Zwei ältere Pferdeanhänger auf einer Wiese – stressfreies Verladen von Pferden beginnt mit positiver Gewöhnung und guter Ausrüstung.

Vorbereitung ist alles – Grundlagen vor dem Verladen

Bevor es überhaupt an den Anhänger geht, muss die Basis-Kommunikation am Boden stimmen. Frage dich ehrlich: Lässt sich dein Pferd in allen Situationen willig führen? Bleibt es stehen, wenn du anhältst und geht rückwärts auf sanftes Signal? Das sind Grundvoraussetzungen fürs Verladen. Wenn dein Pferd dich auf dem Weg zum Putzplatz schon überholt oder nicht rückwärts weichen mag, ist es kein Wunder, dass es beim Anhänger selbst entscheidet. Übe daher zunächst Führübungen: Gehen – Halten – Rückwärtsrichten, auch über Stangen oder auf begrenztem Raum. Das Pferd soll lernen, deinen Anweisungen am Strick zu vertrauen und zu folgen.


Checke auch die Ausrüstung: Ein gut sitzendes Halfter (kein Scheuern, kein Rutschen) und ein langer Führstrick (mindestens 3–4 m, ideal mit Panikhaken) sind Pflicht. Handschuhe für dich geben mehr Grip. Manche schwören auf Knotenhalfter oder spezielle Verladehalfter für mehr Einwirkung, das kann in erfahrenen Händen hilfreich sein, sollte aber nie zum Zerren missbraucht werden. Oft reicht ein normales Stallhalfter in Kombination mit einer zweiten langen Leine oder Longe, die man hinter dem Pferd als “Schranke” nutzen kann.


Anhängervorbereitung: Stell sicher, dass der Anhänger einladend wirkt: Helle, offene Atmosphäre (Klappe vorne auf, wenn vorhanden, oder wenigstens alle Fenster/Türen auf, damit Licht und Luft rein kommt). Die Rampenoberfläche sollte rutschfest sein. Lege ggf. eine Gummimatte oder Einstreu auf die Rampe, damit es weniger hohl klingt und nicht glatt ist, viele Pferde schreckt der rutschige, polternde Untergrund ab. Prüfe den Anhänger auf Stabilität und Gerüche: Riecht es stark nach Urin oder fremden Pferden? Reinige ihn, streue frisches Stroh ein, eventuell ein vertrautes Stück von der heimischen Stallmatte mit reinlegen. Bereite Leckerlis oder Futter vor: Ein Eimer mit etwas Lieblingsfutter (Hafer, Pellets, Möhrchen) kann im Hänger bereit stehen, um dem Pferd den Aufenthalt zu versüßen.


Rüste dein Pferd gegebenenfalls mit Transportgamaschen oder -Bandagen aus, aber nur, wenn es diese gewohnt ist! Nichts ist kontraproduktiver als ein Pferd, das wegen dicker, ungewohnter Gamaschen kaum laufen mag. Alternativ tuts auch Kronrand- und Fesselschutz (Hufglocken), damit es sich bei Rempeleien nicht verletzt. Ein gut sitzender Halfter und ggf. ein Anbindestrick im Hänger (der erst nach schließen der Stange genutzt wird) – alles parat haben, damit du nicht während des Verladens hektisch rumlaufen musst.


Plane genügend Zeit ein! Das A und O: Kein Zeitdruck. Übe das Verladen zunächst an Tagen, wo du nicht wirklich wegfahren musst. So kann die Übungssession entspannt enden, sobald ein Fortschritt erreicht ist (zur Belohnung der Erfolg). Nimm dir am besten Helfer dazu: Zu zweit geht’s oft leichter, einer führt, der andere kann sichern oder von hinten etwas treiben (dazu gleich mehr).


Schritt für Schritt ins Gefährt – das Trainingsvorgehen

  1. Gewöhnung an den Anhänger: Lass dein Pferd den stehenden Anhänger in Ruhe erkunden. Führe es in der Nähe herum, damit es schnuppern kann. Vielleicht stellst du den Hänger erstmal auf den Paddock oder in die Halle und fütterst das Pferd ein paar Tage in Anhängernähe, um positive Assoziation zu schaffen. Einige legen auch die Heunetz-Fütterung in den Hänger, sodass das Pferd stressfrei rein- und rausgehen kann zum Fressen. Wichtig: Klappe dabei runterlassen, alles offen, das Pferd soll sehen, es gibt einen problemlosen Ausgang.


  2. Richtige Annäherung: Führe dein Pferd in ruhigem Schritt gerade auf die Rampe zu. Sei dabei selbst entschlossen und schaue nach vorn in den Anhänger, nicht ständig auf das Pferd. Dein Körper gibt vor: “Wir gehen da jetzt rein.” Kurz vor der Rampe: Nicht zögern. Viele Pferde merken den Moment, wo der Mensch unsicher wird, versuche also flüssig bis mindestens die Vorderhufe auf der Rampe sind. Bleibt das Pferd vorher stehen, bleib auch stehen, aber ruhig. Nicht rückwärts weg führen, geduldig warten. Gib ihm Zeit zu schauen und zu schnuppern. Halte leichten Zug nach vorn am Strick, aber ohne zu ziehen (sonst lehnt es sich dagegen). Einige Pferde gehen nach ein paar Sekunden von allein einen Schritt vor.


  3. Motivation und Druck: Wenn das Pferd zögert, kannst du mit Stimme und Lockmitteln arbeiten. Sprich ruhig und ermunternd, lob schon kleinste Schritte (“Braaaav”). Ein Leckerli direkt vor die Nase halten kann es einen Schritt locken Aber Vorsicht, manche Pferde versuchen dann an das Leckerli zu kommen, ohne auf die Rampe zu gehen (um nicht rein zu müssen). Besser: Belohnen erst IM Anhänger. Alternativ kann ein Helfer vorne im Hänger stehen und das Pferd rufen oder mit raschelndem Eimer locken.


    Gleichzeitig kann ein Helfer hinten sanften Druck aufbauen. Hier eignet sich eine lange Gerte oder Treibbogene (weiches Seil), mit der man dem Pferd ein Signal am Hinterteil gibt. Wichtig: kein Schlagen! Nur rhythmisches, leichtes Antippen am Kruppenbereich oder Schwingen des Seils hinter dem Pferd als “Schub”. Ziel ist, dass das Pferd merkt: Hinten wird’s ungemütlich, vorne ist der Ausweg. Sobald das Pferd einen Schritt vorwärts macht, sofort aufhören mit dem Druck. Das Prinzip heißt Druck/Impuls –> Pferd reagiert –> Druck weg (negative Verstärkung). Manche nutzen statt Gerte auch eine zweite Longe als “Hinterhand-Schranke”: Man zieht eine Longe um die Hinterhand (über Kruppe) und kreuzt sie hinten, so kann der Helfer, der jedes Ende in der Hand hat, sanften Druck nach vorne ausüben. Das Pferd spürt eine geschlossene Lade, aber ohne Angst.


  4. Teilschritte belohnen: Hat dein Pferd es geschafft, die Vorderbeine auf die Rampe zu setzen? Prima, sofort loben! Gib ihm ggf. ein Leckerli an dieser Stelle, damit es die Rampe mit etwas Positivem verknüpft. Dann versuche, die nächsten Schritte zu erreichen. Salamitaktik hilft oft: Das Pferd muss nicht im ersten Anlauf komplett rein. Erst zwei Vorderbeine drauf, wieder rückwärts abtreten lassen, Pause. Dann wieder vor, diesmal vielleicht drei, vier Hufe auf der Rampe. Übe in solchen kleinen Portionen, statt eine Stunde vorm Hänger zu ziehen. Natürlich, ideal ist, es geht gleich ganz rein, aber bei sehr ängstlichen Kandidaten ist dieses schrittweise Vorgehen erfolgreicher, damit das Pferd nicht panisch wird.


  5. Im Anhänger stehen: Sobald das Pferd vollständig hineingegangen ist, bleib ruhig bei ihm. Jetzt nicht hektisch die Stange zuwerfen, sonst erschreckt es sich. Viele Experten raten: Anfangs gar nicht schließen, sondern Pferd sofort wieder rausschicken, damit es merkt: Es kann jederzeit raus und es passiert nichts Schlimmes. Wiederhole das rein und raus ein paar Mal, ganz entspannt. Gib drinnen Leckerlis oder streichle es. Wenn es sich innen umschaut oder den Boden scharrt, ist das okay, es testet die Lage. Sprich beruhigend.


    Wenn du merkst, es bleibt ein paar Sekunden ruhig drin stehen, beende die Übung für diesen Tag idealerweise mit diesem Erfolg. Führe es langsam wieder rückwärts heraus (am Anfang lieber selbst mit hinausgehen, nicht vorn rausführen, weil das unruhig machen kann). Lobe es draußen kräftig und mach Schluss. So behält es positive Gefühle.


  6. Schließen und sichern: Beim nächsten Training kannst du den Aufenthalt im Hänger verlängern. Geht das Pferd nun zügiger rein, versuche behutsam, die Sicherung zuzumachen. Dazu sollte eine zweite Person parat stehen: Einer hält vorn das Pferd (oder bindet es lose an, falls es brav steht), der Helfer bewegt langsam die Hinterstange in Position. Viele Pferde erschrecken bei metallischen Geräuschen, also sprich mit dem Pferd, während der Helfer leise die Stange einhängt. Sobald die Stange drin ist, loben, evtl. wieder Futter im Hänger anbieten. Dann erst das Pferd anbinden (mit Panikhaken und eher kurz, damit es nicht zu viel Schwung holen kann nach hinten). Und zuletzt die Rampe/Klappe schließen. Das Schließen kann Krach machen, auch hier ist es gut, das mal zu üben, während das Pferd drinnen frisst.


    Gerade Schließen der Klappe löst bei Problem-Pferden Panik aus. Daher: übe es stufenweise. Anfangs nur die Rampe hochheben und wieder runter, ohne zu verriegeln, das Pferd merkt Bewegung, aber bleibt ruhig? Loben. Dann irgendwann ganz zu machen. Der Fahrer/die Helfer sollten ruhig bleiben und sanft sprechen.


  7. Die erste Fahrt und Ausstieg: Hat alles geklappt, kannst du anfahren. Fahre besonders vorsichtig und vorausschauend, denn eine sanfte Fahrt prägt das Pferd für künftige Verladungen. Vermeide starkes Bremsen oder rasante Kurven. Vielleicht machst du nur eine kurze Runde um den Hof und stellst dann wieder ab. Beim Ausladen: Erst die Rampe ganz runter, dann Pferd losbinden (bzw. Panikhaken öffnen), dann Stange weg. Warte, ob das Pferd ruhig steht, wenn ja, erst dann mit “Rückwärts”-Stimmsignal (viele sagen “Back” o.ä.) langsam zum Aussteigen auffordern. Nicht abrupt die Stange weg und Pferd rausjagen; es soll kontrolliert und langsam rückwärts absteigen. Auch das kann man vorher üben, indem man z.B. Rückwärtsrichten über eine Stange trainiert.


Tipps für schwierige Fälle

Geduld & Ruhe: Das klingt abgedroschen, aber es ist wahr: Je gelassener du selbst bleibst, desto besser. Pferde spüren unsere Anspannung sofort. Also notfalls einmal tief durchatmen, bevor du an den Hänger gehst. Plane im Kopf ein: “Wenn es zwei Stunden dauert, dauert es eben zwei Stunden.” Dieser innere Puffer nimmt dir Druck und häufig geht’s dann schneller als gedacht.


Kein Kampf: Gerät ihr in einen Kraft-Wettstreit (Pferd zieht zurück, du ziehst vor) – stopp. So lernt das Pferd nur, dass es stärker ist. Besser: Geh wieder einen Schritt zurück im Training. Lieber 100 kleine Schritte als eine Schlacht. Erzwungenes Verladen (z.B. mit Winden, Flaschenzug am Hänger anziehen etc.) mag situativ funktionieren, traumatisiert aber oft fürs nächste Mal. Dann wird’s jedes Mal schlimmer. Also Finger weg von brutalen Methoden.


Belohnen, belohnen, belohnen: Für manche Pferde sind Futterlob und Pausen enorm wichtig. Mach es dem Pferd im Anhänger so angenehm wie möglich: Heunetz reinhängen, streicheln, loben. Vielleicht findet es es sogar gemütlich, wenn es merkt, es bekommt Leckerli und keiner tut ihm was. Dann geht es nächstes Mal freiwillig rein, weil es dort etwas Gutes erwartet.


Trainiere das Verladen unabhängig von stressigen Situationen. Oft verladen Leute nur, wenn’s zum Tierarzt oder Turnier geht und das Pferd spürt diese Aufregung. Besser, du übst an einem normalen Tag zwischendurch. Mach z.B. sonntags eine Hänger-Session mit anschließendem Spaziergang oder etwas Schönerem. So durchbrichst du die Verbindung Anhänger = Stress.


Professionelle Hilfe: Wenn ein Pferd extreme Panik hat oder gefährlich wird (steigt massiv, wirft sich rückwärts hin), zögere nicht, einen Trainer mit Verlade-Erfahrung hinzuzuziehen. Manchmal sieht ein Profi kleine Fehler, die man selbst nicht merkt, oder hat spezielle Methoden (z.B. Natural Horsemanship Ansätze, Dominanztraining oder Clickertraining für Hänger), die helfen. Sicherheit geht vor, sowohl für dich als auch fürs Pferd.


Notfall-Strategie: Musst du wirklich dringend ein Pferd verladen, das zickt (z.B. zum Tierarzt in lebenswichtigem Fall) und hast keine Zeit für ausgiebiges Training, dann achte zumindest auf Folgendes: Bleibe so ruhig wie möglich, nimm genügend Helfer, vielleicht eine Longe als Hilfe, verwende notfalls eine Augenbinde (manche Pferde steigen eher ein, wenn sie nix sehen), aber nur, wenn jemand das Pferd sicher führt. Nie mit Gewalt zu viert reinschieben, das endet oft in Verletzungen. Im Zweifel Tierarzt anrufen, ob ein mildes Beruhigungsmittel gegeben werden kann. Das sollte aber letzter Ausweg sein, da es die Balance im Hänger beeinflussen kann.


Fazit: Vertrauen fahren lassen

Ein ehemals verladeschwieriges Pferd stressfrei in den Hänger zu bekommen, ist ein tolles Erfolgserlebnis, es zeigt, dass Vertrauen und Training Berge versetzen können. Wichtig ist, Verladen nicht als Kampf zu betrachten, sondern als eine Übung wie jede andere, die man von Grund auf lernt. Schrittweise, geduldig und immer positiv bestärken. Frühes Gewöhnen ist ideal: Schon Fohlen und Jungpferde sollten spielerisch an Anhänger herangeführt werden, dann entstehen viele Probleme gar nicht erst. Aber auch ältere “Verlade-Muffel” kann man umschulen, solange man konsequent und freundlich bleibt.


Denke daran: Für dein Pferd ist der Anhänger aus seiner Sicht ein potentiell gruseliges Ding, eng, dunkel, wackelig und es hat die Kontrolle nicht. Deine Aufgabe ist es, ihm zu beweisen: “Hey, da passiert dir nichts. Ich bin bei dir und führe dich sicher.” Wenn dir das gelingt, hast du das Eis gebrochen. Dann wird jedes weitere Verladen leichter und irgendwann steigt dein Pferd fast von selbst ein.


So könnt ihr ohne Stress auf Turniere, Lehrgänge oder Ausritte fahren und auch im Notfall (Klinik, Evakuierung) bleibt dein Pferd händelbar. Das ist nicht nur praktisch, sondern kann Leben retten. Also investiere die Zeit ins Verladetraining, es lohnt sich wirklich. Am Ende steht ein Pferd, das dir vertraut und dir bereitwillig überallhin folgt, selbst in den “unheimlichen Pferdeanhänger”. Und du selbst gehst viel entspannter an Fahrten heran, was wiederum dein Pferd spürt. Stressfrei verladen ist somit ein Gewinn für euch beide und stärkt eure Partnerschaft.

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