Ausbruchsicheres Ziegengehege
- Tierisch schlau
- 20. Mai
- 4 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 28. Mai
Ziegen haben nicht umsonst den Ruf als Ausbruchskünstler. Wo ein Wille ist, ist bei Ziegen oft auch ein Weg – sei es unter dem Zaun durch, über den Zaun drüber oder mittendurch. Für Dich als Halter heißt das: Ein Ziegengehege muss besonders ausbruchsicher gebaut sein, sonst machst Du Dich bald auf Ziegensuche in der Nachbarschaft. Hier erfährst Du, worauf Du bei Zäunen, Toren und Gehegeplanung achten solltest, damit Deine Ziegen dort bleiben, wo sie hingehören.

Zaunhöhe und Zauntyp: Höher ist besser
Eine einfache Einzäunung, die für Schafe genügen mag, hält Ziegen oft nicht auf. Ziegen sind springfreudig und kletterbegabt – selbst Zwergziegen mit nur 50 cm Schulterhöhe können aus dem Stand verblüffend hoch hopsen. Mindestens 1,20 m Zaunhöhe solltest Du einplanen. Besser sind 1,50 m, vor allem für junge, agile Tiere oder große Rassen. Ein Nutzer berichtet etwa, sein Zwergziegenbock sei problemlos über einen 1,50 m hohen Zaun geklettert/gesprungen. Da staunt der Halter!
Ideal ist ein Zaun, der sowohl mechanisch stabil als auch elektrisch gesichert ist. Knotengeflecht- oder Maschendrahtzäune bieten physische Barriere. Wichtig: Wähle eine enge Maschenweite (max. 10 cm), damit Ziegen nicht den Kopf durchstecken und mit den Hörnern hängenbleiben. Tatsächlich sind Knotengitterzäune für Ziegen nicht perfekt: Häufig stecken gehörnte Ziegen die Köpfe hindurch – und weil die Hörner isolieren, spüren sie ggf. den Strom nicht – und bleiben dann fest hängen. Daher rät die Landwirtschaftskammer: „Verwenden Sie Drahtlitzen und kein Knotengeflecht“. Ein mehrdrahtiger Elektrozaun (z.B. 5–6 parallel gespannte Elektrolitzen) funktioniert sehr gut, da Ziegen einen Stromschlag sofort lernen und respektieren. Bei solchen Litzenzäunen sollte der unterste Draht ca. 20 cm über dem Boden sein, die weiteren in Abständen von 20–30 cm darüber, um auch kleinere Ziegen sicher einzuschließen.
Falls Du bereits einen festen Maschendrahtzaun hast, kannst Du zusätzlich eine Elektrolitze innen auf Ziegen-Nasenhöhe spannen. Das verhindert, dass die Tiere am Zaun hochklettern. Achte bei Elektroabsicherung stets auf genügend Stromstärke – Ziegen mit ihrem dichten Fell und ggf. Hörnern brauchen einen deutlichen Impuls, sonst lachen sie drüber. Halte Büsche und Gras vom Zaun fern, damit es keine Ableitungen gibt.
Ziegen-sichere Bauweise
Ziegen sind neugierig und kräftig. Zaunpfosten müssen stabil verankert sein, damit sie nicht einfach zur Seite gedrückt werden. Verwendest Du mobile Steckpfähle (bei Elektronetzen), kontrolliere regelmäßig, ob sie fest im Boden sitzen. Ziegen lehnen sich gern mal dagegen oder nutzen Pfähle als Kratzpfosten.
Tore und Türen sind eine beliebte Schwachstelle: Ziegen lernen schnell, einfache Riegel oder Schnappverschlüsse zu öffnen. Verwende daher ausbruchsichere Verschlüsse: z.B. Karabinerhaken, Schiebeschlösser mit Sicherung oder verschraubte Riegel. Ein Vorhängeschloss (muss ja nicht abgesperrt sein) oder ein Haken mit Splint kann Wunder wirken. Und denke daran: Halte Tore immer geschlossen, auch wenn Du „nur kurz“ ins Gehege gehst. Sonst wuseln Dir ruckzuck ein paar Geißen zwischen den Beinen durch nach draußen.
Schau Dir Dein Ziegengehege aus Sicht der Ziege an – wo könnte man hochklettern? Ziegen nutzen gerne Kletterhilfen in Zaunnähe: Ein an den Zaun gelehnter Ast, ein Futtertrog oder sogar der Rücken einer Artgenossin können als Aufstieg dienen. Halte also im Zauninneren einen Abstand von mindestens 1–2 m frei von Klettergegenständen. Wenn Deine Ziegen z.B. auf ihre Schlafhütten klettern können, stell diese nicht direkt an den Zaun – sonst haben die Damen und Herren eine wunderbare Aussicht und Absprungplattform nach draußen.
Untergrabungsschutz: Einige besonders schlaue Ziegen fangen an zu buddeln, um unter dem Zaun durchzukommen. Das ist zwar seltener als drüberklettern, aber zur Sicherheit kannst Du unten am Zaun einen Bodenschutz anbringen. Z.B. schwere Steine oder Gehwegplatten entlang der Zaunlinie innen auslegen, oder den Zaun 20 cm tief eingraben, damit keine Hohlräume entstehen. Elektrozäune kann man unten mit einem stromlosen bodennahen Draht ergänzen, an dem sie merken, dass kein Durchkommen ist.
Gehegegestaltung: Wie viel Platz und was noch?
Ziegen toben und springen gern – je mehr Platz, desto besser. Pro Zwergziege rechnet man mindestens \~20 m² Auslauf, bei großen Rassen mehr. In kleinen Gärten bedeutet das: bereite Dich auf häufiges Umsetzen von mobilen Zäunen oder Zufütterung von Ästen vor, denn Ziegen knabbern Vegetation schnell kahl.
Kletterobjekte im Gehege sind toll (Spulen, Podeste, schräg angelehnte Bretter). Aber wie erwähnt: am Zaunrand können sie problematisch sein. Platziere Spielgeräte eher in der Gehegemitte. So bleiben die Ziegen beschäftigt und zufrieden und denken weniger ans Ausbrechen – ausgelastete Tiere suchen seltener das Weite, weil es daheim ja spannend ist.
Futter und Wasser stellst Du idealerweise überdacht bereit (z.B. Heuraufe unter einem Vordach), damit es nicht am Zaun verteidigt werden muss. Achte auf robuste Heuraufen – Ziegen springen auch mal IN die Raufe, wenn es geht. Eine gut konstruierte Raufe mit Deckel oben verhindert das.
Ziegen lieben übrigens Lücken – auch nach oben: Wenn Dein Gehege zum Beispiel ein offenes Top hat (keine Decke), denk dran, dass Ziegen sogar Bäume als Ausbruchsmethode nutzen könnten. Ein über das Gehege ragender Ast kann als Brücke dienen. Schneide überhängende Äste zurück, die den Ziegen als Ausstieg oder Einsteiger für außenstehende Räuber dienen könnten.
Spezialfall: Böcke in der Brunftzeit
Besondere Anforderungen ans Gehege stellen Ziegenböcke während der Paarungszeit (Brunft). In dieser Zeit sind Böcke extrem energisch und testosterongeladen. Wenn ein Bock in der Nähe weiblicher Ziegen Witterung aufnimmt, wird er alles daransetzen, zu ihnen zu gelangen. Normale Zäune halten brunstige Böcke kaum auf – sie werden dagegen rammen, hochsteigen oder graben. Daher ist es ratsam, für Böcke eine separate, weit entfernte Bockweide einzurichten, außerhalb von Sicht- und Geruchskontakt zu den Geißen. Steht der Bock nämlich gleich nebenan und sieht die Mädels, steigt die Versuchung ins Unermessliche.
Für Bockgehege gelten mindestens die gleichen Sicherheitsstandards, eher höher: 1,50 m Zaun, stabil und am besten doppelt. Manche Halter nutzen Doppelzäune (zwei Zäune mit 1 m Abstand), um Böcke vom Durchbrechen abzuhalten. Im Zwischenraum kann man den Stromdraht spannen. Auch ein Bock sollte natürlich ausreichend Platz, Beschäftigung und robuste Gegenstände zum Markieren/Kratzen (z.B. einen festinstallierten Pfosten) haben, damit er seinen Drang etwas ausleben kann.
Fazit
Ein ausbruchsicheres Ziegengehege erfordert etwas Mit- und Vorausdenken. Faustregeln sind: hoch genug, stabil genug, schlupflochfrei. Lieber einmal etwas mehr investieren in einen guten Zaun, als ständig Ziegen von der Straße einsammeln zu müssen. Halte Deine Zäune instand und beobachte Deine Ziegen – sie werden Dir schnell zeigen, wo noch Schwachstellen sind (etwa wenn sie immer an einer Ecke scharren oder drücken). Mit einer sicheren Umzäunung und einem durchdachten Gehege bleiben Deine Ziegen dort glücklich, wo Du sie haben möchtest. Und Du kannst Dich zurücklehnen und ihren Kletterkünsten innerhalb des Geheges zuschauen, anstatt hinter entlaufenen Ausbrechern herzujagen.