Ratten: Auslauf und Beschäftigung im Alltag
- Tierisch schlau
- 20. Mai
- 6 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 28. Mai
Farbratten sind intelligente und neugierige Tiere. In freier Wildbahn durchstreifen sie weite Reviere auf der Suche nach Futter und Beschäftigung. In der Heimtierhaltung brauchen Ratten ebenso tägliche Abwechslung, Auslauf und Beschäftigung, um glücklich und gesund zu bleiben. Ein Käfig – so groß er auch sein mag – ersetzt niemals den freien Auslauf und die Interaktion, die diese sozialen Nager benötigen. Hier lernst du, warum täglicher Freigang wichtig ist, wie du das Umfeld rattensicher gestaltest und welche Beschäftigungsideen es gibt. Ziel ist es, deinen Ratten ein artgerechtes Leben mit viel Bewegung und Spaß zu ermöglichen, ohne dass etwas zu Bruch geht oder die Tiere in Gefahr geraten.

Alltagsprobleme: Eingesperrte Langeweile
Ein häufiges Haltungsdefizit ist, dass Ratten zu wenig aus ihrem Käfig herausdürfen. Ratten, die ständig nur im Käfig sitzen, langweilen sich schnell – es kann zu Verhaltensauffälligkeiten kommen (z.B. Gitterknabbern, Apathie oder Aggression innerhalb der Gruppe aus Frust). Auch gesundheitlich schadet Bewegungsmangel: Übergewicht und schlaffe Muskulatur sind mögliche Folgen. Einige Halter unterschätzen zudem die mentale Leistungsfähigkeit von Ratten. Diese Tiere wollen ihre Umgebung erkunden, neue Dinge kennenlernen und Aufgaben lösen. Ohne Beschäftigung werden sie unterfordert. Ein Missverständnis ist auch, Ratten könnten ihren Bewegungsdrang in einem Laufrad befriedigen – tatsächlich sind Standard-Laufräder für Ratten meist ungeeignet (zu klein, Risiko von Wirbelsäulenschäden) und ersetzen nicht das Klettern und Laufen im Freilauf. Auch Geschirre oder Leinen für Ratten sind keine gute Idee – im Handel zwar erhältlich, aber tierschutzwidrig. Ratten empfinden das Anleinen als Stress und ihr Fluchtinstinkt wird unterdrückt; zudem besteht Verletzungsgefahr. Stattdessen sollte ein sicheres Zimmer ihr „Auslaufgehege“ sein. Ein weiteres Problem: Oft wird zwar Auslauf gewährt, aber die Umgebung nicht rattensicher gemacht – offene Kabel, giftige Materialien oder enge Spalten können zu Unfällen führen. Hier ist Vorbereitung das A und O (Ratten sind wahre Ausbruchskünstler und Nageprofis).
Wie viel Auslauf brauchen Ratten?
Tierschutzorganisationen empfehlen täglich mindestens 1–2 Stunden Freilauf für zahme Hausratten. Einige Quellen (z.B. aktion tier) sprechen sogar von mindestens 2 Stunden pro Tag. Wichtig ist vor allem die Regelmäßigkeit: Deine Ratten sollten wirklich jeden Tag raus dürfen, vorzugsweise abends, wenn sie aktiv werden. Kein Käfig – so groß er auch ist – kann das tägliche Herumlaufen in einer größeren Umgebung ersetzen. Das bestätigt auch die Erfahrung vieler Halter und Tierpfleger: Ratten, die täglich Auslauf bekommen, sind insgesamt ausgeglichener, weniger gestresst und neigen weniger zu Übergewicht. Natürlich müssen alle Ratten eines Rudels zusammen Auslauf haben (Ratten sind Gruppentiere und spielen auch untereinander, alleine würden sie sich ohnehin nicht wohl fühlen).
Rattensichere Umgebung vorbereiten
Bevor du deine Ratten auf Abenteuerreise schickst, musst du das Auslaufgebiet absichern. Hier eine Checkliste der größten Gefahren und wie du sie beseitigst:
Kabel und elektrische Geräte: Alle Kabel (Stromkabel, Telefon, Lampen) sollten unerreichbar sein. Ratten beißen mit Vorliebe Kabel durch – das kann nicht nur das Gerät zerstören, sondern auch die Ratte töten (Stromschlag!). Verstaue Kabel in Kabelkanälen, ziehe Stecker oder sperre den Zugang (z.B. Möbel vor Kabel). Elektrische Geräte mit Lüftungsschlitzen (PC, TV) könnten die Tiere ebenfalls anknabbern – besser aus dem Auslaufbereich verbannen oder abschirmen.
Schlupflöcher und Klettermöglichkeiten: Ratten passen durch erstaunlich kleine Öffnungen. Schließe Türen und Lüftungsschächte, decke Öffnungen in Wänden ab und verstopfe jede Lücke hinter Schränken, in die eine Ratte hineinpasst. Denke an Fenster: Ein gekipptes Fenster ist eine Todesfalle (Ratten könnten hochklettern und steckenbleiben). Also während des Auslaufs: Fenster zu! Wenn das Auslaufzimmer nicht 100% rattensicher ist, kannst du einen Freilaufzaun (wie für Welpen oder Kaninchen) nutzen, um einen Bereich abzutrennen.
Giftige und gefährliche Stoffe: Entferne giftige Zimmerpflanzen (z.B. Diffenbachia, Efeu, Weihnachtsstern – viele gängige Zierpflanzen sind giftig für Nager). Auch Blumenerde in Töpfen kann gedüngt sein – stell solche Pflanzen lieber hoch hinaus. Chemikalien, Putzmittel, Zigaretten, Schokolade etc. dürfen natürlich nicht herumliegen. Kein offenes Feuer (Kerzen) und keine heißen Flächen (Herd, Bügeleisen) im Auslauf!
Sturz- und Klemmfallen: Achte darauf, dass es keine offenen Toiletten oder Wassereimer gibt, in die eine Ratte fallen kann. Klappe den Toilettendeckel runter im Bad. Schubladen und Türen zum Auslaufbereich geschlossen halten – Ratten könnten sonst hineinsteigen und evtl. zerquetscht werden, wenn sie jemand unbemerkt schließt. Polstermöbel können ein Problem sein: Ratten nagen gerne an Sofas und Sesseln und verstecken sich darin. Wenn deine Ratten aufs Sofa dürfen, kontrolliere vor dem Hinsetzen, ob sich darunter oder in den Kissen eine Ratte befindet! Plastiktüten, in die sie reinkriechen, sollten vermieden werden (Erstickungsgefahr).
Beschäftigungsideen für neugierige Ratten
Sind alle Gefahren gebannt, kannst du den Auslauf interessant gestalten. Ratten lieben abwechslungsreiche Umgebung:
Kletter- und Sprungmöglichkeiten: Stelle stabile Äste oder Holzleitern auf, an denen die Ratten hochklettern können. Ein alter Kratzbaum oder selbstgebauter „Rattenbaum“ aus unbehandelten Ästen ist ideal. Ratten klettern sehr gern und nutzen den Raum auch vertikal.
Verstecke und Tunnel: Verteile Pappkartons mit Eingängen (Schuhkartons, Papprollen von Küchenpapier etc.). Auch Weidenbrücken oder kleine Holzhäuschen können im Auslauf platziert werden. Deine Ratten werden es lieben, von Unterschlupf zu Unterschlupf zu flitzen.
Spielzeug und Intelligenzspiele: Ratten sind schlau – fördere das durch kleine Tricks. Verstecke z.B. Futter in einer zusammengeknüllten Papierkugel oder in einer Toilettenpapierrolle mit knickbaren Enden. Die Ratten müssen das Futter erschnüffeln und sich erarbeiten. Es gibt auch Intelligenzspielzeuge für Nager (z.B. Futterbälle, Schiebedeckel-Spiele); viele Ratten begreifen schnell, wie sie an Leckerbissen kommen.
Interaktion mit dem Halter: Nimm dir Zeit, mit deinen Ratten im Auslauf zu spielen. Manche Ratten mögen Zerrspiele mit einem Stoffband, andere klettern gerne an dir hoch und sitzen auf deiner Schulter. Sei Teil des „Möbelstücks“ – setz dich auf den Boden, lass sie an dir hochklettern (eine dicke alte Kleidung anziehen, falls die Krallen zwicken). Diese sozialen Spiele stärken eure Bindung.
Freilaufzimmer einrichten: Wenn du den Luxus hast, ein ganzes Zimmer für den Rattenauslauf einrichten zu können, umso besser! Du kannst z.B. ein altes Regal als Kletterparadies umfunktionieren, Hängematten spannen, Seile zwischen Möbeln ziehen – quasi ein Ratten-Abenteuerspielplatz. Manche Halter legen Matten oder alten Teppich aus, damit die Ratten besseren Halt haben und der Boden geschont wird. Wichtig auch hier: regelmäßig auf Nagespuren prüfen, damit nichts Kritisches angeknabbert wird.
Nach dem Auslauf heißt es dann immer: alle Ratten wieder sicher zurück in den Käfig! Viele Ratten gewöhnen sich an einen bestimmten Ruf oder ein Rascheln mit der Futtertüte als Signal, dass es zurückgeht. Andere lassen sich problemlos hochnehmen – wieder andere muss man mit einem Transportkorb einsammeln. Finde heraus, was bei deinen am besten klappt. Belohne das Zurückkommen ruhig mit einem kleinen Snack, dann verbinden sie das Ende des Freigangs mit etwas Positivem.
Zusätzliche Beschäftigung im Käfig
Nicht immer kann man stundenlang Auslauf gewähren. Deshalb gestalte auch den Käfig innen abwechslungsreich. Mehrstöckige Käfige sind Pflicht (Ratten klettern gern hoch). Statte den Käfig aus mit Hängematten, Seilen, Häusern, Röhren und wechsel dem Zubehör gelegentlich, damit es interessant bleibt. Ein Buddelkasten mit Erde oder Papierstückchen kann grabefreudigen Ratten Spaß machen. Wechselnde Nageäste (Obstbaumzweige, Weide) beschäftigen sie und nutzen gleichzeitig die Zähne ab. Ein großer Laufteller oder ein sehr großes Laufrad (Durchmesser mind. 30–40 cm) wird von manchen Ratten genutzt – aber wie erwähnt, viele Ratten ignorieren Laufräder oder es passt nicht; schau individuell. Generell gilt: Je mehr die Ratten auch im Käfig klettern und spielen können, desto besser überbrücken sie die Zeit bis zum nächsten Auslauf.
Tierschutz und Expertentipps
Tierschutzorganisationen wie der Deutsche Tierschutzbund oder aktion tier betonen, dass Ratten nur in Gruppen und mit täglichem Auslauf tiergerecht gehalten werden können. Mindestens eine Stunde täglich Freilauf wird als unentbehrlich angesehen – mehr ist natürlich besser, sofern beaufsichtigt. Die Tierärztliche Vereinigung für Tierschutz (TVT) warnt vor tierschutzwidrigem Zubehör wie Laufschalen (Hamsterbällen) oder Geschirren für Ratten – diese sollten keinesfalls verwendet werden. Stattdessen empfehlen Experten eine Käfigmindestgröße (für 2 Ratten mindestens 100 × 50 × 100 cm mit mehreren Etagen) und betonen, dass selbst diese Mindestmaße nur den Grundbedarf decken. Ein noch so großer Käfig kann den täglichen Auslauf nicht ersetzen. Aktuelle Ratgeber legen Haltern nahe, ihre Wohnung rattensicher zu machen und den cleveren Nagern immer wieder neue Anreize zu bieten. Das fördert nicht nur die Tiere, sondern macht auch dem Halter Freude – man kann Ratten richtig beim Denken zusehen, wenn man ihnen etwa kleine Rätselaufgaben stellt.
Wichtig auch: Ratten niemals allein halten! Sie sind hochsoziale Tiere; Einzelhaltung ist laut Tierschutzgesetz verboten (gilt als tierschutzwidrig). Eine Gruppe von mindestens 2–3 Ratten sorgt schon für viel Beschäftigung untereinander – du als Halter ergänzt das Rudel durch Zuwendung. Dieser soziale Aspekt ist wesentlicher Teil ihrer Beschäftigung: Ratten kuscheln, spielen und jagen sich gegenseitig, was du durch nichts ersetzen kannst.
Fazit
Freilauf und Beschäftigung sind für Ratten keine Kür, sondern Pflichtprogramm. Wenn du deinen Ratten jeden Tag die Möglichkeit gibst, etwas Neues zu erleben – sei es ein Lauf durch die Wohnung, ein Kletterparcours oder einfach deine Gesellschaft auf dem Sofa – wirst du ausgeglichene, freundliche Tiere haben. Die Mühe der Vorbereitung lohnt sich: Ratten, die sich austoben dürfen, bleiben körperlich fit und bauen überschüssige Energie ab. Gleichzeitig stärkst du durch gemeinsames Spielen eure Bindung. Vergiss nicht: Auch im Käfig wollen Ratten nicht darben – gestalte ihn spannend, aber gönn ihnen auch Pausen und Rückzugsorte zur Erholung. Mit Abwechslung, Auslauf und Liebe vermittelst du deinen schlauen Fellnasen, dass du ein verantwortungsbewusster Freund und nicht nur „Futtermensch“ bist. Und du wirst sehen – zufriedene Ratten zu beobachten, wie sie voller Entdeckerfreude durch die Gegend flitzen, ist auch für dich als Halter ein täglicher Gewinn.


