Moderhinke früh erkennen
- Tierisch schlau
- 20. Mai
- 5 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 18. Juni
Moderhinke ist eine hochansteckende und schmerzhafte Klauenerkrankung bei Schafen, die durch Bakterien verursacht wird. Für Hobby-Schafhalter ist es wichtig, Moderhinke möglichst frühzeitig zu erkennen, denn je eher behandelt wird, desto größer die Chance, die Herde rasch wieder gesund zu bekommen. Moderhinke beginnt oft schleichend und kann im Endstadium zum Ablösen des ganzen Klauenhorns führen – ein Szenario, das Du unbedingt vermeiden möchtest. Hier erfährst Du, woran Du erste Anzeichen erkennst und welche Schritte sofort einzuleiten sind, um Schlimmeres zu verhindern.

Was ist Moderhinke und wie entsteht sie?
Moderhinke (auch Klauenfäule genannt) entsteht durch das Zusammenspiel zweier Bakterien: Dichelobacter nodosus und Fusobacterium necrophorum. Dichelobacter nodosus gilt als Hauptübeltäter und kommt nur im Klauenhorn von Wiederkäuern vor. Er dringt – meist begünstigt durch weiche, aufgeweichte Klauenhaut – in den Zwischenklauenspalt ein und zerstört dort Gewebe. Fusobacterium (im Erdboden allgegenwärtig) trägt als Sekundärerreger zur Verschlimmerung bei. Besonders feuchte, schlammige Böden schaffen ideale Bedingungen: Die Hornhaut wird aufgeweicht und Bakterien können eindringen. Innerhalb weniger Tage entwickelt sich eine eitrige Entzündung der Klauenhaut.
Charakteristisch ist der faulig-süßliche Geruch, der aus der infizierten Klaue strömt. Unter dem Horn bildet sich eine schmierige, grau-weiße Masse aus zersetztem Gewebe und Eiter. Unbehandelt kann sich das Horn vom Klauenbein lösen – im Extremfall „fällt“ dem Schaf der Klauenschuh ab. Soweit darf es natürlich nicht kommen. Zum Glück kann man Moderhinke gut an Frühsymptomen erkennen, noch bevor die Zerstörung so weit fortschreitet.
Frühsymptome: Darauf musst du achten
Ein erster Hinweis auf Moderhinke ist Lahmheit. Beobachte Deine Schafe aufmerksam: Humpelt ein Tier oder entlastet es eine Klaue, indem es nur auf drei Beinen steht? Schafe mit beginnender Moderhinke schonen die schmerzende Klaue oft auffällig. Manche knien sogar beim Fressen nieder, um die vorderen Klauen zu entlasten. Dieses „kniende Grasen“ einzelner Tiere auf der Weide ist ein ernstzunehmendes Alarmzeichen.
Nimm Dir regelmäßig Zeit für eine Klaueninspektion – am besten beim Klauenschneiden oder wenn Du ein Schaf fixiert hast. Bei Moderhinke zeigen sich im frühen Stadium Entzündungen und Rötungen im Zwischenklauenspalt. Die Haut dort ist weich, aufgequollen und kann schmierig belegt sein. Drückt man sachte, kann übelriechender, weiß-gräulicher Eiter austreten. Gesunde Klauenzwischenräume hingegen sind trocken und rosa ohne tiefe Risse.
Oft sind mehrere Tiere einer Herde betroffen, denn Moderhinke ist hoch ansteckend. Wenn Du also bei einem Schaf lahmheitsbedingte Auffälligkeiten bemerkst, kontrolliere umgehend alle Tiere der Gruppe. Achte dabei auch auf den Geruch: Ein deutlich fauler Geruch aus der Klaue – vergleichbar mit Aasgeruch – ist nahezu beweisend für Moderhinke. Im Zweifelsfall kann ein Tierarzt mittels PCR-Test die Bakterien nachweisen, doch meist reicht der typische Befund.
Frühsymptome Moderhinke:
Lahmen, Schonung einzelner Klauen (bis hin zum Kniestehen beim Fressen)
Geröteter, weicher, feucht-schmierig belegter Zwischenklauenspalt
Übler Geruch aus der Klauenzone (faulig-süßlich)
Schaf frisst weniger, magert ab (durch Schmerzen)
In fortgeschrittenen Fällen Ablösen des Horns am Rand erkennbar
Erste Hilfe bei Verdacht auf Moderhinke
Hast Du auch nur den Verdacht auf Moderhinke, handle sofort, um Schlimmeres zu verhindern. Gehe folgendermaßen vor:
Betroffene Tiere separieren: Stelle lahmende Schafe von der Weide in einen trockenen Unterstand oder Stall auf saubere Einstreu. So verhinderst Du, dass sie die Erreger weiter auf der Weide verteilen. Dichelobacter nodosus überlebt außerhalb des Tieres zwar meist nur ~2–4 Wochen, aber in Matsch und Dreck kann er sich in dieser Zeit auf andere Klauen übertragen. Isolation erkrankter Tiere ist also Schritt 1.
Klauenpflege durchführen: Untersuche die Klauen gründlich und schneide mit einem scharfen Klauenmesser alles lose und unterhöhlte Horn weg. Befallene Klauen müssen sorgfältig ausgeschnitten werden, bis nur noch gesundes, festes Horn übrig ist. Das kann durchaus bluten; wichtig ist, alle Faulstellen zu entfernen, damit Sauerstoff an das Bakterienmilieu kommt – denn Dichelobacter vermehrt sich nur unter anaeroben Bedingungen. Desinfiziere die Klaue anschließend mit einem Wundspray (z.B. Kupfer- oder Aluminiumspray).
Klauenbad einsetzen: Ein bewährtes Mittel in der Moderhinke-Bekämpfung ist das Klauenbad. Stelle die Schafe für 1–2 Minuten in ein flaches Becken mit Desinfektionslösung. Geeignet sind z.B. 10 %-ige Zinksulfat-Lösung oder 5 % Kupfersulfat. Das Bad desinfiziert die Klaue und tötet Bakterien an der Oberfläche ab. Bei akutem Befall täglich bis alle Symptome abklingen; vorbeugend sind regelmäßige Fußbäder (z.B. monatlich) ratsam. Wichtig: Die Klaue sollte vor dem Bad beschnitten und grober Schmutz entfernt sein, sonst wirkt die Lösung nicht.
Weidehygiene beachten: Reinige und desinfiziere Böden, Laufgänge und Geräte, mit denen die infizierten Schafe in Kontakt waren. Mist und Erde aus dem Stall mit Moderhinke-Tieren sollten nicht zurück auf die Hauptweide gelangen. Wechsel die Weide, falls möglich, oder lasse die Herde erst wieder auf die alte Fläche, wenn mindestens 4 Wochen vergangen sind. So lange überlebt das Bakterium maximal im Boden. In dieser Zeit kann sich die kontaminierte Fläche erholen.
Tierarzt hinzuziehen: Bei schweren Verläufen (Schafe bewegen sich kaum mehr, Fieber, viele Tiere betroffen) solltest Du Deinen Tierarzt einschalten. Er kann bestätigen, ob es sich um Moderhinke handelt, und evtl. ein Antibiotikum verabreichen. Es gibt zudem Impfstoffe gegen Moderhinke, die aber in Deutschland nicht routinemäßig eingesetzt werden. In hartnäckigen Fällen kann eine Herdenimpfung erwogen werden, um den Heilungsverlauf zu beschleunigen und Neuinfektionen zu reduzieren. Dies besprichst Du am besten mit dem Tierarzt.
Moderhinke vorbeugen
Ist die akute Phase bewältigt, gilt es, ein Wiederaufflammen zu verhindern. Hier einige Tipps, um Deine Herde moderhinkefrei zu halten:
Klauenpflege-Routine: Schneide die Klauen Deiner Schafe regelmäßig (ca. alle 3 Monate oder nach Bedarf). Korrekt geschnittene Klauen verhindern Hohlräume und Risse, in denen sich Bakterien festsetzen könnten. Kontrolle ist besser als Nachsicht – nimm jede Klaue genau unter die Lupe.
Saubere und trockene Haltungsumgebung: Sorge für trockene Liegeflächen im Stall und auf der Weide. Nässe + Dreck = Moderhinke-Risiko! Lege bei Regenperioden einen trockenen Unterstand mit sauberer Einstreu bereit. Ein windgeschützter, trocken eingestreuter Platz hilft, die Klauen trocken zu halten. Entferne scharfkantige Steine oder Stacheldrahtreste von der Weide, um Verletzungen der Klauenhaut zu vermeiden – kleine Wunden sind Eintrittspforten für Bakterien.
Wechselweiden nutzen: Wenn Du mehrere Koppeln hast, wechsele die Herde regelmäßig durch. Eine beweidete Fläche sollte idealerweise 2–4 Wochen ruhen, bevor wieder Schafe draufkommen. So können eventuell abgesetzte Erreger absterben. Besonders wenn fremde Schafe auf der Fläche waren (z.B. Gemeinschaftsweiden), sei vorsichtig – dort kann das Moderhinke-Bakterium lauern.
Quarantäne für Neuzugänge: Kaufe nur Schafe aus moderhinkefreien Beständen. Neue Tiere sollten immer zunächst getrennt von Deiner Herde stehen (mind. 2 Wochen). Untersuche und schneide ihre Klauen direkt nach Ankunft und bade die Klauen prophylaktisch in Desinfektionslösung. So schleppst Du keine unerwünschten Bakterien ein.
Regelmäßige Klauenbäder: Gerade in moderhinkegefährdeten Regionen oder Beständen kann es sinnvoll sein, gesunde Schafe gelegentlich durch ein Fußbad mit Zink- oder Kupfersulfat laufen zu lassen. Das reduziert die Keimlast an den Klauen. Zum Beispiel nach dem Scheren oder vor dem Aufstallen im Winter ein Klauenbad einplanen.
Fazit
Moderhinke ist kein angenehmes Thema, aber mit wachem Blick und schnellem Handeln kannst Du Schlimmes verhindern. Schau Deinen Schafen ruhig täglich „auf die Füße“ – im wörtlichen Sinne. Ein humpelndes Schaf, ein fauliger Geruch oder ein aufgeweichter Zwischenklauenspalt sollten bei Dir alle Alarmglocken läuten lassen. Dann heißt es: Tiere separieren, Klauen behandeln und die Umgebung desinfizieren. In vielen Fällen bekommt man Moderhinke so in den Griff, bevor sie sich in der Herde festsetzt. Deine Schafe werden es Dir danken, indem sie schon bald wieder trittsicher und schmerzfrei über die Weide springen.


