Aggressive Aquarienfische: Wenn ein Fisch die anderen attackiert
- Tierisch schlau
- 8. Juli
- 4 Min. Lesezeit
Jeden Morgen findest du einen toten Fisch im Aquarium – immer ist es ein Guppy, der über Nacht stirbt. Die Wasserwerte sind in Ordnung (kein Ammoniak, kein Nitrit), daher drängt sich ein anderer Verdacht auf: Ein Fisch könnte die anderen angreifen. Aggressionen im Aquarium sind nicht ungewöhnlich, vor allem wenn die Artenwahl und Haltungsbedingungen nicht optimal sind. Hier erfährst du, warum Aquarienfische aggressiv werden können und wie du für Frieden im Becken sorgst.
Ursache erkennen: Warum ist ein Fisch aggressiv?
In der Regel sind Guppys friedliche Gemeinschaftsfische, während Zebrabärblinge (Danio rerio) – insbesondere langflossige Zuchtformen – manchmal zu Flossenzupfen neigen. Langflossige Danios können sich an langsam schwimmenden, schleierflossigen Fischen wie Guppys vergreifen, weil die langen, bunten Schwänze ihre Neugier wecken. Dieses Verhalten nennt man Fin Nipping (Flossenzupfen).
Aggression bei Fischen entsteht meist durch Stress oder unpassende Haltungsbedingungen. Folgende Faktoren können eine Rolle spielen:
Zu kleine Gruppengröße: Viele Schwarmfische wie Danios müssen in einer Gruppe gehalten werden. Ist die Gruppe zu klein (z.B. nur 2–3 Tiere), richtet sich der Bewegungsdrang und Spieltrieb eines unterforderten Danios oft gegen andere Arten. Ein einziger dominanter Danio kann all seine Energie darauf verwenden, andere Fische zu jagen. Lösung: Halte Zebrabärblinge in ausreichender Anzahl (mindestens 6, besser 10 Tiere), damit sie sich im eigenen Schwarm austoben können. In größerer Gruppe verteilt sich die Aggression untereinander.
Beengter Raum: Haben Fische nicht genug Platz zum Ausweichen, können Revierkämpfe eskalieren. Zebrabärblinge sind sehr schwimmfreudig und brauchen ein langes Becken. In einem engen Aquarium (unter 80 cm Länge) fühlen sie sich gestresst und reagieren aggressiver als üblich. Lösung: Sorge für ein ausreichend großes Aquarium entsprechend den Bedürfnissen der aktivsten Art. Für Danios sind 100 Liter+ mit längerer Kantenlänge ideal.
Verstecke und Sichtbarrieren fehlen: In einem kahlen Aquarium sehen sich die Fische ständig. Line of sight (Sichtlinie) zu brechen hilft, Aggressionen zu reduzieren. Lösung: Bepflanze das Becken dicht mit hohen Pflanzen und füge Dekoration (Wurzeln, Steine) hinzu. So entstehen Rückzugsorte und schwächere Fische können sich dem aggressiven Fisch entziehen.
Falsche Vergesellschaftung: Manchmal passen bestimmte Arten charakterlich nicht zusammen. Guppys mit ihren langen, bunten Flossen wecken bei bekannten Flossenbeißern (wie manchen Barben oder Danios) den Jagdinstinkt. Dazu kommt: Guppys bevorzugen wärmeres, ruhigeres Wasser (~24 °C) und sind gemächlicher, während Danios kühleres Wasser (~22 °C) mögen und extrem agile Schwimmer sind. Unterschiedliches Temperament kann Stress verursachen. Lösung: Prüfe, ob deine Fische hinsichtlich Temperament, Temperatur und Habitat harmonieren. Wenn nicht, trenne problematische Kombinationen. Zwei Männchen-Guppys mit einem lebhaften Bärbling können ungünstig sein; eventuell musst du Arten trennen, falls alle Maßnahmen das Problem nicht lösen.
Übermäßig dominanter Einzelfisch: Genau wie Menschen haben auch Fische individuelle Charaktere. Es gibt besonders dominante Exemplare. Dein langflossiger Danio scheint so ein „Rüpel“ zu sein. Lösung: In hartnäckigen Fällen hilft manchmal, den Aggressor zeitweise zu entfernen (z.B. in ein Aufzuchtbecken) und nach Umgestaltung des Beckens wieder einzusetzen. Der territoriale Anspruch kann so unterbrochen werden. Alternativ kannst du den Rowdy abgeben oder gegen einen friedlicheren Artgenossen tauschen – manchmal ist das der einfachste Weg, wieder Ruhe einkehren zu lassen.
Maßnahmen: So schaffst du Frieden im Aquarium
Gruppengröße erhöhen: Hast du bisher nur wenige Danios, stocke ihre Gruppe auf (sofern das Aquarium groß genug ist). Aquarianer berichten, dass sich das Flossenzupfen reduziert, wenn Zebrabärblinge in einer größeren Gruppe gehalten werden. Sie beschäftigen sich dann mehr miteinander. Achte aber darauf, das Aquarium nicht zu überbesetzen – im Zweifel lieber problematische Fische umsetzen, statt das Becken mit zu vielen Tieren zu füllen.
Aquarium umgestalten: Strukturiere dein Aquarium neu mit mehr Pflanzen, Wurzeln und Steinen. Schaffe Sichtbarrieren und Reviere. Bepflanze insbesondere die Hinter- und Seitenwände dicht, so dass ein gejagter Fisch im Pflanzendickicht verschwinden kann. Ein aggressiver Danio, der seinen Opferfisch aus den Augen verliert, bricht die Verfolgung eher ab. Auch Schwimmpflanzen dämpfen die Hektik – gedämpftes Licht durch Schwimmpflanzendecke beruhigt das Verhalten vieler Fische.
Deckung bei Fütterung: Aggressive Fresser wie Danios sind beim Füttern sehr gierig. Sie schnappen den langsameren Guppys vielleicht alles Futter weg. Das kann neben Stress auch zu Mangel bei den Guppys führen. Tipp: Füttere an getrennten Stellen: Gib Futter an zwei gegenüberliegenden Enden des Aquariums. Der schnelle Danio wird nicht alles gleichzeitig abgrasen können. Du kannst auch mit einem langen Fütterungsrohr oder einer Pipette Futter direkt zu den Guppys bringen. Manche Aquarianer nutzen einen Truthahnbaster, um langsam sinkendes Futter gezielt zu platzieren. So kriegen auch die Bedrängten genug ab.
Wasserwerte im Auge behalten: Obwohl du schreibst, Ammoniak und Nitrit seien bei Null (sehr gut!), schadet es nicht, auch den Nitratwert zu prüfen. Hohe Nitratwerte (>50 mg/l) können Fische stressen und verstärkt Aggressionen auslösen. Mache regelmäßige Teilwasserwechsel (20–30 % pro Woche) – das hält Nitrate niedrig und Fische ruhiger. Ebenso wichtig: eine moderate Strömung und genügend Sauerstoff. Bei Sauerstoffmangel werden manche Fische nervös. Ein Sprudelstein oder Filterauslauf, der Oberfläche bewegt, hilft.
Arten ggf. trennen: Wenn trotz aller Änderungen ein Danio weiterhin die Guppys tötet, muss man leider über Trennung nachdenken. Setze den Übeltäter für einige Tage separat (zur Not in einem großen Eimer mit Filter/Heizer) und beobachte, ob Ruhe einkehrt. Vielleicht kannst du ihn dauerhaft in ein Artaquarium oder zu robusteren Fischen setzen. Manchmal ist es besser, ein dauerhaft aggressives Tier abzugeben, als tägliche Verluste hinzunehmen. Viele Aquarienfreunde tauschen Fische untereinander aus genau solchen Gründen.
Neue Partner wählen: Zukünftig, achte bei der Zusammenstellung auf Kompatibilität. Zwei bewährte Regeln: Ähnliche Temperamente vergesellschaften (z.B. lebhafte mit lebhaften, ruhige mit ruhigen Arten) und keine schleierflossigen langsameren Fische mit bekannteren Flossenzwickern halten. Wenn du hübsche lange Flossen magst, halte sie mit ebenso friedlichen Arten (z.B. Guppys mit Platys oder kleinen Salmlern statt mit Barschen oder Danios). So ersparst du dir dieses Drama.
Langfristige Beobachtung und Fazit
Hast du die Gruppe der Danios vergrößert, Einrichtung angepasst und dem Aquarium mehr Ruheinseln gegeben, beobachte über die nächsten Tage das Verhalten genau. Meist zeigt sich schnell, ob die Maßnahmen fruchten.
Solltest du dennoch weiteres aggressives Verhalten sehen, sei bereit einzugreifen – ggf. mit Trennung wie beschrieben. Manchmal hat man einfach ein „Enfant terrible“ erwischt. Doch oft genügen schon kleine Änderungen, um Harmonie herzustellen. Dein Aquarium sollte kein Schlachtfeld sein, sondern ein friedliches Biotop, in dem verschiedene Arten koexistieren.
Zusammengefasst: Gib dem möglichen Täter weniger Gelegenheit zur Aggression, indem du Stress reduzierst (mehr Platz, mehr Artgenossen, Verstecke) und sorge dafür, dass die Guppys sich erholen können. Mit etwas Umsicht wirst du die nächtlichen Todesfälle stoppen können. Bald schon solltest du am Morgen lebendige, muntere Fische vorfinden – statt toter Guppys. Viel Erfolg und hab Freude an deinem wieder friedlichen Aquarium!