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Übergewicht im Käfig: Wenn der Kanarienvogel zu dick wird

  • Tierisch schlau
  • 20. Mai
  • 4 Min. Lesezeit

Aktualisiert: 18. Juni

Ein aufgeplusterter, schwer atmender Kanarienvogel, der kaum noch fliegt und lieber auf der Stange hockt, könnte an Übergewicht leiden. Viele Halter unterschätzen dieses Problem – dabei ist Fettleibigkeit einer der häufigsten Gesundheitsprobleme bei Heimvögeln. Ursächlich sind oft Haltungs- und Fütterungsfehler: Zu wenig Bewegung (kleiner Käfig, selten Freiflug) und zu energiereiches Futter führen schnell zu Fettpolstern bei den kleinen Sängern. In freier Natur sind Kanarien den ganzen Tag in Bewegung und müssen sich ihr Futter erarbeiten. Im Käfig mit ständig vollem Napf verbrauchen sie viel weniger Kalorien, nehmen aber oft mehr auf, als sie benötigen – die überschüssige Energie wird als Fett angesetzt.



Folgen von Übergewicht

Ein zu dicker Kanarienvogel wirkt oft träger und singfauler. Durch die Fettauflagerungen wird das Fliegen beschwerlich; man sieht, wie es dem Vogel Mühe macht, von einer Stange zur nächsten zu hüpfen. In extremen Fällen hängen Fettpolster sichtbar am Bauch oder Brustbereich. Spätestens dann ist Alarmstufe rot, denn Übergewicht kann eine Reihe von Krankheiten nach sich ziehen. Die kleinen Gelenke der Vogelbeine werden durch zu hohes Gewicht überlastet – Arthrose kann die Folge sein. Innere Organe wie die Leber verfetten, was zur Fettleber (hepatische Lipidose) führen kann. Eine solche Fettleber ist beim Vogel oft erst spät erkennbar und äußert sich anfänglich vielleicht nur in verminderter Kondition. Bei manchen Arten (z.B. Graupapageien) sieht man äußerlich kaum Speck ansetzen – sie entwickeln direkt eine Fettleber, ohne „dick“ auszusehen. Das zeigt, dass Gewicht nicht immer mit bloßem Auge beurteilt werden kann. Weitere Folgen von Fettleibigkeit: Das Brutgeschäft kann gestört werden (überfettete Weibchen haben häufiger Legenot oder legen weniger befruchtete Eier). Auch das Immunsystem leidet; übergewichtige Vögel sind anfälliger für Infektionen und Herz-Kreislauf-Probleme. Studien weisen zudem auf eine geringere Lebenserwartung hin, da die chronische Überlastung des Organismus Organschäden verursacht.


Übergewicht erkennen

Leider fällt eine moderate Gewichtszunahme beim Vogel oft erst spät auf. Kanarienvögel verstecken gesundheitliche Probleme instinktiv (als Schutz vor Fressfeinden in der Natur). Regelmäßiges Wiegen des Vogels ist daher sinnvoll – am besten wöchentlich zur gleichen Tageszeit auf einer feinen Grammskala. Ein erwachsener Kanarienvogel wiegt je nach Schlag etwa 20–30 Gramm. Schon 2–3 Gramm über dem Normalgewicht können beim Winzling auf zu viel Fett hinweisen. Neben dem Gewicht sind Verhaltensänderungen Hinweise: Fliegt der Kanarie kaum noch und hechelt nach kurzen Flügen, sollte man an Übergewicht denken. Auch wenn die Flugmuskulatur verdeckt ist – man ertastet statt eines flachen Brustbeins eine Runde „Brust“ – hat sich Fett angesetzt. Im Zweifel kann ein vogelkundiger Tierarzt durch Abtasten und ggf. Röntgen eine Fettleibigkeit feststellen.


Ursachen abstellen – Ernährung und Bewegung

Die gute Nachricht: Ein Kanarienvogel kann mit der richtigen Betreuung wieder abspecken. Diät und mehr Bewegung sind die Säulen der Gewichtsreduktion. Zunächst gilt es, die Futterration zu überprüfen. Viele handelsübliche Körnermischungen enthalten fettreiche Saaten wie Negersaat oder Hanf, die Kanarien besonders schmackhaft finden. Der Vogel pickt oft bevorzugt diese ölhaltigen Samen heraus und lässt die mageren Körner liegen. Bekommt er Nachschub, frisst er wieder die Lieblingssaat – so summieren sich die Kalorien. Abhilfe: Nur eine abgemessene Menge Körnerfutter pro Tag geben (als Richtwert etwa 1 bis 2 Teelöffel pro Vogel). Dabei darauf achten, dass die Mischung nicht zu viele Fettsaaten enthält. Man kann eine spezielle Diät-Mischung für Kanarien verfüttern, die hauptsächlich aus mageren Saaten (z.B. Kanariensaat, Grassamen) besteht. Hochkalorische Komponenten wie Hanf, Leinsamen, Sonnenblumenkerne sollten reduziert oder ganz gestrichen werden, bis der Vogel sein Normalgewicht erreicht. Zusätzliches Futter wie Eifutter (wird oft in Zuchtzeiten gegeben) sollte bei Übergewicht erstmal entfallen. Grünfutter und Obst liefert wichtige Vitamine, hat aber ebenfalls Kalorien – insbesondere Obst enthält Zucker, der dick machen kann. Also Obst zurückhaltend anbieten und eher auf kalorienarmes Grün (z.B. Vogelmiere, Salatgurke, Löwenzahn) setzen.


Ein übergewichtiger Kanari braucht vor allem auch mehr Gelegenheit zur Bewegung. Ist bisher kein täglicher Freiflug üblich gewesen, sollte man diesen nun unbedingt einführen. Ein Kanarienvogel, der über Stunden frei im Zimmer fliegen kann, verbrennt erheblich mehr Energie als einer im Käfig. Im Käfig selbst muss genug Platz sein, damit der Vogel zumindest fliegen kann, statt nur zu hüpfen. Eine Käfigbreite von deutlich über einem Meter ist empfehlenswert. Die Einrichtung kann so gestaltet werden, dass der Kanarie animiert wird, sich zu bewegen: Näpfe und Sitzstangen verteilt, sodass er hin- und herfliegen muss, anstatt alles an einem Platz vorzufinden. Keine ständigen Leckerchen! Oft geben Halter aus Liebe regelmäßig Hirsekolben, Knabberstangen mit Honig oder andere Snacks. Diese sind jedoch wahre Kalorienbomben und sollten bei einem dicken Vogel strikt weggelassen werden. Als Belohnung kann man ein Stückchen Gurke oder ein paar Kräuter anbieten.


Gesundheit im Blick

Begleitend zur „Diät“ ist ein Tierarztbesuch ratsam. Der vogelkundige Tierarzt kann einschätzen, ob organische Probleme vorliegen oder ob das Übergewicht bereits Folgeerkrankungen (z.B. Fettleber) verursacht hat. Eventuell sind Bluttests oder Kotuntersuchungen sinnvoll, um den Gesundheitszustand des Vogels zu überprüfen. Außerdem kann der Tierarzt helfen, einen geeigneten Diätplan zu erstellen und das Gewicht überwachen. Wichtig: Abnehmen soll langsam gehen. Ein Vogel darf nicht plötzlich hungern – er muss kontinuierlich Nahrung aufnehmen, da sonst lebenswichtige Organe wie die Leber Schaden nehmen. Darum nie radikal fasten lassen, sondern Portionsgrößen moderat reduzieren und den Vogel durch Bewegung mehr verbrennen lassen.


Während der Abnehmphase sollte man den Kanarienvogel eng beobachten. Verliert er Gewicht zu schnell oder wirkt er schwach, muss man gegensteuern und ggf. den Tierarzt konsultieren. Im Normalfall wird ein übergewichtiger Kanari aber schon nach einigen Wochen aktiver wirken, wenn Ernährung und Bewegung angepasst wurden. Er wird wieder häufiger singen und umherfliegen. Halter berichten, dass ihre Vögel förmlich „aufleben“, wenn sie schlanker und fitter sind.


Vorbeugung

Am besten lässt man es gar nicht erst so weit kommen. Präventiv sollte jeder Kanarienhalter darauf achten, dass sein Vogel genug fliegt (Freiflug, großzügiger Käfig) und nicht überfüttert wird. Richtlinie: lieber etwas knappere Futterrationen und dafür Abwechslung mit Grünfutter, anstatt ständig volle Schalen mit fetten Körnern. Leckereien nur sehr sparsam geben. Außerdem regelmäßig das Gewicht kontrollieren, um Trends früh zu erkennen. Vogelspielzeug wie Schaukeln, Zweige, Badehäuser etc. halten den Kanari ebenfalls in Bewegung und bei Laune. Ein ausgelasteter Vogel neigt weniger zum Frustfressen.


Fazit

Übergewicht ist für Kanarienvögel ein ernst zu nehmendes Problem, das aktiv angegangen werden muss. Mit angepasster Fütterung („Diät“futter, weniger Leckereien) und viel Bewegung kann ein dicker Vogel wieder schlank und gesund werden. Die Mühe lohnt sich: Ein normalgewichtiger Kanarienvogel ist agiler, lebt länger und erfreut seinen Halter mit Lebendigkeit und Gesang. Lieber einen fröhlich umherflatternden Kanari als einen „Plüschball“, der träge auf der Stange sitzt – Ihrem gefiederten Freund zuliebe!

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