Krankheiten bei Wellensittichen früh erkennen und behandeln
- Tierisch schlau
- 28. Mai
- 5 Min. Lesezeit
Wellensittiche sind aufgeweckte, empfindsame Vögel – aber leider bleiben auch sie von Krankheiten nicht verschont. In diesem Abschnitt widmen wir uns drei wichtigen Gesundheitsthemen bei Wellis: Megabakterien (auch Macrorhabdiose genannt), Milbenbefall (insbesondere Grabmilben) und Legenot bei Hennen. Diese Begriffe klingen erst mal kompliziert, aber keine Sorge: Wir erklären sie verständlich, sagen dir, woran du Probleme erkennst, was zu tun ist und wie du vorbeugen kannst. So kannst du deinem gefiederten Freund im Ernstfall schnell helfen und idealerweise Krankheiten vermeiden.

Megabakteriose: Wenn der Welli trotz Hunger abmagert
Der Begriff Megabakterien ist etwas irreführend, denn es handelt sich nicht um Bakterien, sondern um einen Hefepilz (Macrorhabdus ornithogaster), der vor allem den Drüsenmagen von Wellensittichen befällt. Diese Erkrankung wird oft auch Going Light Syndrom genannt, weil betroffene Vögel rapide an Gewicht verlieren, also sprichwörtlich „immer leichter werden“. Was passiert dabei? Die Pilze siedeln sich im Magen-Darm-Trakt an und stören die Verdauung massiv – das Futter kann nicht mehr richtig verwertet werden. Ein Welli kann fressen und fressen und nimmt dennoch ab, er verhungert quasi trotz vollem Kropf. Unbehandelt endet ein schwerer Befall meist tödlich für den Vogel.
Wie erkennst du diese Krankheit? Hier sind typische Symptome eines Megabakteriose-Schubs:
Guter Appetit, aber Gewichtsverlust: Dein Welli frisst scheinbar normal oder sogar mehr als sonst, nimmt aber kontinuierlich ab. (Das merkst du am besten, wenn du ihn regelmäßig wiegst – ein chronischer Abfall des Gewichts trotz Fressen ist verdächtig.)
Hochwürgen von Körnern/Schleim: Der Vogel würgt häufig Saaten hervor oder spuckt schleimigen Inhalt aus dem Kropf.
Durchfall: Der Kot ist dünn und grünlich, oft mit unverdauten Körnern darin (Zeichen, dass die Verdauung nicht greift).
Aufgeplustertes Gefieder: Wellis mit Megabakteriose sitzen oft aufgeplustert da, um Wärme zu halten, weil sie geschwächt sind.
Apathie und Schlaf: Das Tier wirkt müde, schläft ungewöhnlich viel, beteiligt sich kaum am Schwarmleben.
In fortgeschrittenen Fällen können sogar neurologische Störungen (Gleichgewicht, Zittern) und Organversagen auftreten, wenn die Mangelernährung zu weit geht.
Wichtig zu wissen: Viele Wellensittiche tragen die Megabakterien in sich, ohne Symptome zu zeigen. Die Krankheit bricht oft schubweise aus, z.B. wenn das Immunsystem geschwächt ist (durch Stress, andere Krankheiten etc.). Ein Vogel kann jahrelang gesund wirken und dann plötzlich Symptome entwickeln. Daher sollte man bei den genannten Anzeichen immer an Megabakteriose denken – auch wenn der Vogel bisher fit war.
Was tun, wenn du diesen Verdacht hast? Geh unverzüglich zu einem vogelkundigen Tierarzt. Die Diagnose wird meist durch Kotuntersuchung unter dem Mikroskop gestellt. Man sieht die Macrorhabdus-Pilze als stäbchenförmige Gebilde im Kot oder per Kropfabstrich. Achtung: Ein Test kann auch mal falsch negativ sein, weil die Pilze nicht ständig ausgeschieden werden. Ein erfahrener Tierarzt wird deshalb bei entsprechendem klinischem Bild eventuell trotzdem eine Behandlung beginnen, selbst wenn der erste Test nichts zeigte.
Die Behandlung besteht in der Regel aus Antimykotika (pilzabtötenden Mitteln). Oft wird Amphotericin B eingesetzt, meist übers Trinkwasser oder direkt in den Schnabel. Zusätzlich braucht der Vogel intensive Pflege: viel Wärme (Rotlichtlampen, aber nur für Teilbereich des Käfigs, damit er ausweichen kann), leicht verdauliches Futter (Keimfutter, weicher geschälter Hafer) und Vitamin-Aufbaupräparate. Manchmal bekommen betroffene Wellis auch Antibiotika (falls bakterielle Sekundarinfektionen vorliegen) und Probiotika zur Darmflora-Unterstützung.
Leider ist Megabakteriose nicht heilbar im Sinne von „Pilz für immer weg“. Viele Vögel bleiben Träger, aber man kann die akuten Schübe behandeln und längere symptomfreie Phasen erreichen. Wichtig ist, Stress zu minimieren – ein gut gepflegter, stressarmer Welli mit gutem Immunsystem kommt oft besser mit den Pilzen klar und hat weniger Schübe. Halte also die Umgebung sauber, gib abwechslungsreiche und vitaminreiche Kost, und beobachte deine Wellis gut, damit du einen neuen Schub gleich erkennst.
Übrigens: Megabakteriose ist ansteckend, vor allem durch Kropfinhalt (Vögel füttern sich ja gegenseitig). Wenn ein Vogel im Schwarm betroffen ist, sollten die anderen auch gecheckt werden. Separate den Kranken, während er Medikamente bekommt, um den Infektionsdruck zu senken. Und desinfiziere Trink- und Badewassergefäße regelmäßig.
Milbenbefall: Grabmilben erkennen und behandeln
Ein häufiges Gesundheitsproblem bei Wellensittichen – gerade bei Jungvögeln oder geschwächten Tieren – sind Milben, insbesondere Grabmilben (Knemidokoptes), oft auch Räudemilben genannt. Diese Parasiten nisten sich in der obersten Hautschicht ein und verursachen eine als Räude bekannte Krustenbildung, vor allem an Schnabel, Wachshaut (Nasenbereich), Augenlidern und Beinen. Viele Halter bemerken Milben erst spät, weil die ersten Anzeichen sehr subtil sind.
Woher kommen Milben? Häufig werden sie durch neu gekaufte Vögel in den Bestand eingeschleppt, daher sollte man Neuzugänge immer einem vogelkundigen Tierarzt vorstellen und prophylaktisch behandeln lassen. Milben können monatelang auf einem Vogel leben, ohne Symptome zu zeigen, und bei Stress oder Immunschwäche „boomen“ sie plötzlich. Auch mangelhafte Hygiene im Käfig kann Befall begünstigen, aber oft bringen die Tiere die Milben schon mit.
Symptome erkennen: Im Anfangsstadium siehst du feinste Unregelmäßigkeiten auf dem Schnabelhorn – als hätte jemand mini-kleine Löchlein gebohrt oder das Horn wird matt und rau. Viele übersehen das leicht. Mit Fortschreiten bilden sich dann weißliche, poröse Krusten an der Wachshaut (dem Nasenwachs) und am Schnabelrand. Die Krusten können aussehen wie getrockneter Kalk oder Schorf. Später breiten sie sich aus: um die Augen können ebenfalls Verkrustungen entstehen, an den Beinen (Ständern) bildet sich Schorf und manchmal auch am After (Kloake). Die Krusten sind eigentlich vom Milbenfraß zerstörtes Gewebe – die Milben graben Gänge in Haut und Horn, was diese schwammigen Wucherungen verursacht. Oft fällt auch auf, dass der Schnabelhorn deformiert wächst, z.B. der Schnabel wird dicker oder ungleichmäßig, weil die Milben das Hornwachstum stören.
Betroffene Wellis zeigen manchmal Juckreiz – sie kratzen sich häufiger am Kopf oder benagen ihre Füße. In fortgeschrittenen Fällen können die Krusten die Nasenlöcher verlegen (Atemprobleme) oder den Schnabel so angreifen, dass er brüchig wird. Auch die Krallen können länger wirken, da die Milben an den Zehen Ballenhorn zerfressen und die Krallen nicht mehr natürlich abgenutzt werden.
Behandlung: Zum Glück ist Milbenbefall heute gut behandelbar. Der Tierarzt wird ein Ivomec-Präparat (Wirkstoff Ivermectin) als Spot-on geben. Das heißt, ein Tropfen dieser Lösung kommt in den Nacken auf die Haut, meist im Abstand von 1-2 Wochen dreimal. Ivermectin verteilt sich über das Blut im ganzen Vogel und tötet die Milben ab – das ist sehr effektiv und schonend für den Welli. Wichtig: Unbedingt alle Vögel im Schwarm mitbehandeln, auch wenn sie noch nichts zeigen, weil Milben hochansteckend sind. Nach der Behandlung lösen sich die Krusten langsam ab, der Schnabel und die Beine regenerieren sich. Das kann einige Wochen dauern. Manchmal bleiben leichte Narben (z.B. rauere Beine), aber meist sieht man kaum mehr was.
Keine Hausmittel! Früher wurden mal Hausmittel wie Ölauftragen auf die Krusten probiert, um die Milben zu ersticken. Davon rät man heute dringend ab. Die WTG (Weltvet-Kompedium) warnt: „Zur Schonung des Vogels sollte das Betupfen mit Öl, Petroleum etc. unterbleiben“. Solche Methoden sind zu wenig effektiv und belasten den Vogel eher (ölig verklebte Federn, Stress beim Einfangen). Verlass dich auf die moderne Tiermedizin: Spot-on Behandlung ist schnell, wenig stressig und sicher wirksam.
Du kannst zusätzlich den Käfig und vor allem Holzsitzstangen desinfizieren oder – besser – austauschen, weil Milben dort überleben können. Backe die Holzstangen z.B. im Ofen bei 100 °C für eine Stunde oder besorge neue. Reinige Spielzeug, Näpfe etc. gründlich mit heißem Wasser. So vermeidest du Neuinfektionen.
Nach erfolgreicher Behandlung achte weiterhin auf die genannten Stellen (Schnabel, Wachshaut, Beine). Manche Vögel bekommen Milben erneut, wenn das Immunsystem schwächelt. Eine ausgewogene Ernährung (Mineralstoff und Vitaminversorgung, z.B. Sepiaschale für Mineralien, Vitamin D durch gelegentliche Sonnenbäder oder Tageslichtlampen) hält den Vogel gesund und macht ihn weniger anfällig.
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