top of page

Insektenprotein im Hundefutter – Nachhaltige Alternative mit Zukunft?

  • Tierisch schlau
  • 7. Aug.
  • 5 Min. Lesezeit

Immer mehr Hundehalterinnen und -halter fragen sich, ob Insekten als Proteinquelle im Hundefutter eine sinnvolle Alternative zu klassischem Fleisch darstellen. Angesichts von Klimawandel und Nachhaltigkeitstrends rückt Insektenprotein in den Fokus der Forschung und Futtermittelindustrie. Herkömmliches Hundefutter basiert meist auf Fleisch aus der Nutztierhaltung – einer Ressource, die enorme Umweltbelastungen verursacht. Insektenbasiertes Hundefutter verspricht hingegen eine deutlich bessere Ökobilanz und könnte auch für futtersensible Hunde Vorteile bieten. Doch ist diese Alternative zukunftsfähig?


Nahaufnahme getrockneter Schwarzer Soldatenfliegenlarven (Hermetia illucens) als nachhaltige Proteinquelle für Hundefutter – Insektenprotein als klimafreundliche Alternative zu Fleisch im Hundenapf.

Warum Insekten als Proteinquelle?

Die industrielle Fleischproduktion beansprucht etwa 70 % der landwirtschaftlichen Flächen weltweit und verursacht ca. 15 % der globalen Treibhausgasemissionen. Ein Kilogramm Rindfleisch entspricht vom CO₂-Ausstoß her ungefähr einer 200 km langen Autofahrt. Hunde und Katzen hinterlassen also über ihr Fleischfutter einen beträchtlichen „Pfotenabdruck“ auf Klima und Umwelt. Insekten bieten hier eine nachhaltige Alternative: Ihre Zucht benötigt viel weniger Land und Wasser und produziert nur einen Bruchteil der Emissionen herkömmlicher Viehzucht. So liefert z. B. eine Fläche von 1 Hektar beim Sojaanbau etwa 1 Tonne Protein, während dieselbe Fläche bei Insektenzucht rund 150 Tonnen Protein erbringen kann. Auch im Wasserverbrauch sind Insekten unschlagbar: 1 kg Insektenprotein verbraucht nur ca. 1 Liter Wasser, wohingegen Soja ~10 Liter benötigt. Zwar ist der Energiebedarf für die Insektenzucht (Heizen, Trocknen) relativ hoch, doch können hier erneuerbare Energien (z. B. Photovoltaik) eingesetzt werden. Insgesamt gelten Insekten als ressourcenschonende Proteinquelle, die helfen kann, den Futtermittel-Sektor klimafreundlicher zu gestalten.


Neben dem Klimaaspekt spielt auch die Entlastung anderer Ressourcen eine Rolle. In der Heimtierfutter-Produktion werden z. B. große Mengen Soja importiert (Deutschland allein ~3 Millionen Tonnen jährlich) – mit Folgen für Regenwaldgebiete in Südamerika. Auch Fischmehl als Proteinquelle steht wegen überfischter Meere in der Kritik. Insekten könnten hier langfristig regionale Alternativen bieten, da sie sich auf kleinem Raum züchten lassen. Interessant ist, dass von weltweit über 2000 essbaren Insektenarten bisher nur wenige in der EU für Lebensmittel und Futtermittel zugelassen sind. Für Heimtiere gibt es keine strengen Einschränkungen; verwendet werden meist Arten wie Schwarze Soldatenfliegen, Mehlwürmer, Grillen und Heuschrecken, also Insekten, die sich effizient züchten lassen und einen hohen Nährwert aufweisen.


Nährwert und Verträglichkeit von Insektenprotein

Insekten können in puncto Proteingehalt mit Leichtigkeit mit herkömmlichem Fleisch mithalten, sie übertreffen es sogar. Je nach Insektenart liegen die Proteinwerte (Trockensubstanz) bei ca. 35–61 %, während Rind, Geflügel & Co. nur etwa 20–25 % Protein liefern. Damit sind Insekten ein echtes Nährstoffwunder im Kleinformat. Besonders proteinhaltig sind z. B. Mehlwürmer, Grillen, Heuschrecken und Buffalowürmer. Darüber hinaus punkten Insekten mit einem wertvollen Gehalt an Omega-3-Fettsäuren, B-Vitaminen sowie wichtigen Mineralstoffen (u. a. Kupfer, Eisen, Magnesium, Selen und Zink). Ein weiterer Vorteil: Da Insekten wechselwarm sind, setzen sie das Futter sehr effizient in Körpermasse um, nahezu der gesamte Insektenkörper ist essbar und verwertbar.


Verdaulichkeit: Studien zeigen, dass Hunde Insektenprotein gut verdauen können. Die Verdaulichkeit liegt bei einigen Insektenmehlen bei rund 80 % und ist damit vergleichbar mit der von Rind- oder Hühnerprotein. Erste Untersuchungen ergaben, dass zumindest kurzfristig keine negativen Effekte auf die Hundegesundheit auftreten, wenn Insektenprotein im Futter verwendet wird. Langzeitstudien stehen zwar noch aus, doch insgesamt deutet vieles darauf hin, dass Insekten ein hochwertiger und gut bekömmlicher Proteinlieferant für Hunde sein können.


Hypoallergenes Futter? Insekten werden oft als hypoallergen beworben, da sie als neuartige Proteinquelle in der Ernährung eines Hundes bisher nicht vorkamen. Für Hunde mit Futtermittelallergien könnte Insektenfutter daher eine Ausweichmöglichkeit sein. Allerdings gilt es, diese Hoffnung realistisch zu betrachten. Insekten an sich haben kein generell geringeres Allergiepotenzial als andere Tiere; der Vorteil ist vielmehr, dass der Hund meist noch keine Allergie gegen Insekten entwickelt hat. In einer Ausschlussdiät können sie also als neue Proteinquelle dienen. Sollte dein Hund etwa gegen Rind oder Huhn allergisch sein, könnte ein Futter auf Insektenbasis helfen, das Jucken oder Verdauungsprobleme in den Griff zu bekommen. Dennoch: Eine Garantie für Verträglichkeit gibt es nicht, und bei bestehenden Allergien sollte immer Rücksprache mit dem Tierarzt gehalten werden.


Vorteile für Umwelt und Tierwohl

Die ökologischen Vorteile von Insektenfutter sind vielfältig. Insekten produzieren weder Methan noch erhebliche Mengen Ammoniak, wie es z. B. Wiederkäuer tun. Sie brauchen wenig Platz und Wasser und können in dichten Populationen artgerecht leben (als Schwarmtiere rücken sie gerne eng zusammen). Diese Punkte machen die Insektenzucht um ein Vielfaches klimafreundlicher. Außerdem lassen sich Insekten teilweise mit Reststoffen ernähren (z. B. Lebensmittelabfällen), was weitere Nachhaltigkeitspotenziale birgt – allerdings sind extreme Beispiele wie eine Fütterung mit Gülle in der EU verboten.


Auch im Aspekt Tierwohl gibt es interessante Überlegungen: Insekten besitzen kein nachgewiesenes Schmerzempfinden im humanmedizinischen Sinne – ob sie Schmerzen fühlen, ist wissenschaftlich noch nicht geklärt. Die Tötung erfolgt laut Vorschrift durch einen schnellen Kälteschock oder Hitze, was als relativ schonend gilt. Viele Tierfreunde begrüßen, dass für Insektenfutter keine Säugetiere oder Vögel sterben müssen. Allerdings werfen Kritiker auch ethische Fragen auf, ob Billionen von Insekten für Futterzwecke gezüchtet werden sollten. Bis hier ein Konsens gefunden ist, steht das Thema noch am Anfang.


Aktueller Stand und Akzeptanz

In der Praxis sind in Deutschland und Europa bereits einige Hundefutter mit Insekten auf dem Markt (ohne konkrete Markennamen zu nennen). Sowohl Spezialanbieter als auch bekannte Hundefutter-Hersteller haben insektenbasierte Sorten im Programm. Dies zeigt, dass die Nachfrage steigt. Prognosen gehen davon aus, dass der globale Markt für Insektenprotein in den nächsten Jahren stark wächst; Schätzungen sprechen von rund 189 Mio. USD Umsatz im Jahr 2022 auf über 800 Mio. USD in 2029. Die Entwicklung wird auch durch allgemeine Nachhaltigkeitsinitiativen im Heimtierbereich befeuert.


Allerdings ist die Akzeptanz bei Tierhaltern noch ausbaufähig. Viele Menschen haben eine kulturell bedingte Abneigung gegen Insekten als Nahrung, selbst wenn es „nur“ fürs Haustier ist. Studien deuten darauf hin, dass diese Zurückhaltung und Ekelgefühle Hauptgründe dafür sind, dass sich Insektenfutter bislang noch nicht breiter durchgesetzt hat. Hier ist sicher noch Aufklärungsarbeit nötig. Für die Hunde selbst stellt die Akzeptanz meistens kein Problem dar: Geschmacksstoffe im Futter sorgen dafür, dass die Vierbeiner es gern fressen. Falls dein Hund wählerisch ist, kannst du Insekten-Trockenfutter auch anfangs mit etwas Nassfutter mischen, um ihn an den neuen Geschmack zu gewöhnen.


Herausforderungen und Zukunftsausblick

Ist Insektenprotein wirklich die Zukunft? Vieles spricht dafür, doch es gibt auch Herausforderungen. Zum einen ist da der Energieaufwand: Die Zucht von Millionen Insekten erfordert eine konstant warme Umgebung (~30 °C). Das kostet Energie und muss möglichst mit erneuerbaren Quellen gedeckt werden, damit der Nachhaltigkeitsvorteil nicht geschmälert wird. Hier gibt es bereits Pilotprojekte, die Abwärme oder Solarstrom nutzen. Zum anderen muss geklärt werden, wie hoch die Produktionskapazitäten sein können, ohne andere Probleme zu verursachen. Einige Experten mahnen an, dass bei massenhafter Insektenproduktion ähnliche Schwierigkeiten auftreten könnten wie in der Massentierhaltung, etwa das Risiko von Krankheiten in großen Zuchtanlagen, die dann ggf. mit Chemikalien gegengesteuert werden. Zudem plädieren Umweltschützer dafür, auch pflanzliche Alternativen nicht zu vergessen: Insekten allein werden das Klimaproblem nicht lösen, sondern sollten Teil eines größeren Wandels hin zu nachhaltigerem Wirtschaften sein.


In Sachen Rechtliches und Qualitätssicherung ist Insektenfutter ebenfalls noch neu. Es gibt derzeit kein offizielles Bio-Siegel für Insektenzucht, doch erste ökologische Richtlinien wurden von Verbänden erarbeitet. Die Liste erlaubter Insektenarten in der EU könnte sich erweitern, wenn weitere Arten als unbedenklich eingestuft werden. Für Heimtierhalter bedeutet das: Die Produktpalette wird vermutlich wachsen und diverser werden.


Fazit

Insektenprotein im Hundefutter ist mehr als nur ein kurzer Trend – es hat das Potenzial, zu einer festen Größe in der Heimtierernährung zu werden. Die Vorteile für Umwelt und in vielen Fällen auch für empfindliche Hunde sind überzeugend. Zugleich darf man die bestehenden Vorbehalte und offenen Fragen nicht ignorieren. Damit diese nachhaltige Alternative wirklich Zukunft hat, braucht es weitere Forschung, transparente Informationen und die Bereitschaft von uns Haltern, Neues auszuprobieren. Insekten im Napf mögen zunächst ungewohnt klingen, doch sie könnten einen wichtigen Beitrag leisten, um den ökologischen „Pfotenabdruck“ unserer Hunde zu verkleinern und das ohne Einbußen bei der Nährstoffversorgung.

bottom of page