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Haltungsfehler und ihre Folgen – typische Krankheiten bei Papageien vermeiden

  • Tierisch schlau
  • 20. Mai
  • 5 Min. Lesezeit

Aktualisiert: 28. Mai

Vorbeugen statt Behandeln: Papageien sind empfindliche Exoten, die in Menschenobhut an diversen Zivilisationskrankheiten leiden können – meist als Folge von Haltungsfehlern. Viele der typischen Erkrankungen bei Wohnungspapageien lassen sich vermeiden, wenn man aus Fehlern lernt und es gar nicht erst so weit kommen lässt. Hier ein Überblick über häufige Probleme und wie man ihnen vorbeugt:


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Adipositas und Fettleber

Eines der verbreitetsten Probleme ist Übergewicht, verursacht durch zu energiereiches Futter und Bewegungsmangel. In kleinen Käfigen ohne Freiflug haben Papageien einen stark reduzierten Kalorienverbrauch. Wird dann vorwiegend fettreiches Saatfutter gegeben (z.B. Sonnenblumenkerne in Mengen), kommt es zur übermäßigen Fettspeicherung. Die Folgen: Ein fettleibiger Papagei kann eine Fettleber (hepatische Lipidose) entwickeln, bei der sich Fett in der Leber einlagert. Diese Stoffwechselstörung bleibt anfangs oft unbemerkt, schwächt aber das Tier und kann tödlich enden, wenn die Leber versagt. Übergewicht belastet außerdem Herz und Gelenke und kann zu Trägheit und Immunschwäche führen. Vorbeugung: ausgewogene Ernährung (nicht nur Sonnenblumenkerne – Anteil stark reduzieren), viel Obst/Gemüse, begrenzte Leckerli. Wichtig ist regelmäßige Bewegung – täglicher Freiflug oder eine sehr große Voliere, damit der Vogel fliegt und Kalorien verbrennt. Schon 30–60 Minuten aktives Fliegen am Tag fördern die Durchblutung von Organen und beugen Fettleibigkeit vor. In traditionellen kleinen „Hüpf“-Käfigen ohne Flugmöglichkeit entwickeln viele Papageien über kurz oder lang Übergewicht und folglich Leberprobleme. Daher: große Voliere + Freiflug = Pflicht, um diese typischen Zivilisationsleiden zu vermeiden.


Vitaminmangel, speziell Vitamin-A-Mangel

Viele Papageien (z.B. Amazonen, Wellensittiche) neigen bei einseitiger Körnerernährung zu Hypovitaminose A. Vitamin A ist wichtig für die Schleimhäute und das Immunsystem. Ein Mangel führt zu verschleimten Nasen, Atemwegsinfekten, Bindehautentzündung und Haut-/Gefiederproblemen. Ursache ist meist eine Diät, die fast nur aus trockenen Saaten besteht, ohne frisches Grün und Obst. Vorbeugung: Täglich vitaminreiches Frischfutter anbieten – Möhren, Paprika, grünes Blattgemüse (alles ungewürzt, roh, gut gewaschen). Rote Palmöl-Tropfen (spezielles Ergänzungsmittel) werden teils zur Vitamin-A-Prophylaxe gegeben, aber am besten wirkt natürliche Ernährung. Auch Vitaminpräparate übers Trinkwasser können helfen, müssen aber genau dosiert sein (Überdosierung von Vitamin A ist ebenfalls schädlich). Ein ausgewogener Speiseplan mit Pellets (falls verwendet) oder viel Gemüse verhindert Mangelerscheinungen.


Kalziummangel und Knochenschäden

Besonders bei Graupapageien bekannt ist die Neigung zur Hypokalzämie (Kalziumunterversorgung). Die Vögel erleiden dann teils Krampfanfälle oder Legenot (weibliche Tiere), weil das Nervensystem bzw. die Eiproduktion nicht ausreichend Kalzium hat. Ursache: zu wenig Kalzium im Futter und/oder kein UV-Licht. Papageien brauchen UV-B-Strahlung zur Vitamin-D3-Bildung, die wiederum Kalziumaufnahme ermöglicht. In Innenräumen ohne Sonne kommt es schnell zu D3-Mangel trotz guter Nahrung. Vorbeugung: immer Sepiaschale oder Mineralstein im Käfig anbieten (Kalziumquelle) und den Vogel möglichst täglich etwas Sonnenlicht gönnen (Fenster filtert UV, also am besten freie Sicht oder spezielle Vogellampen mit UV-Anteil installieren). Gerade Graupapageien sollten regelmäßig vom Tierarzt auf ihren Kalziumspiegel gecheckt werden, wenn sie in Wohnungen leben. Bei Brutlust ist doppelt aufzupassen: Legende Weibchen brauchen Extra-Kalzium, sonst droht Legenot.


Aspergillose (Schimmelpilzinfektion der Atemwege)

Dies ist eine gefürchtete Krankheit bei Papageien aus tropischen Gebieten (Graupapageien, Amazonen, Aras etc.). Aspergillose wird durch Schimmelpilzsporen verursacht, die eingeatmet werden und in den Luftsäcken/Bronchien auskeimen. Fast überall in der Umgebung sind Pilzsporen vorhanden, aber nicht jeder Vogel erkrankt. Begünstigende Faktoren sind trockene Luft, Staub, Stress und ein geschwächtes Immunsystem. Z.B. tragen viele Erdnüsse Schimmel – Erdnüsse in Schale sollten Papageien daher nie bekommen. Auch verschmutztes Futter oder feuchte Einstreu können Schimmelherde bilden. In zu trockener Heizungsluft (oft nur 30–40% relative Feuchte, statt 60–80% wie in Tropen) trocknen die Atemwege aus, die Selbstreinigung der Lunge funktioniert schlechter. Folgen: Pilzsporen haben leichtes Spiel, sich anzusiedeln. Aspergillose äußert sich in Atemnot, Würgen, Schwäche – leider oft chronisch und schwer heilbar. Vorbeugung: Luftfeuchtigkeit hoch halten (ggf. Luftbefeuchter nutzen, regelmäßiges Besprühen/Baden der Vögel), gute Belüftung aber ohne Zugluft. Hygiene: Voliere sauber und eher trocken halten (Kot entfernen, Futterreste nicht gammeln lassen). Erdnüsse und schimmelverdächtige Lebensmittel meiden. Möglichst staubarmes, qualitativ gutes Futter verwenden und keine schimmeligen Zweige/Äste reinholen. Ein Papagei, der artgerecht gehalten wird (feuchteres Klima, wenig Stress, gute Ernährung), ist deutlich weniger anfällig für Aspergillose.


Bakterielle Infektionen / chronischer Schnupfen

Oft Folge von Hygienemängeln oder Zugluft. Verschmutzte Trinknäpfe (wo sich Biofilm bildet) oder Kot im Futter können zu bakteriellen Infektionen im Verdauungstrakt führen. Augen- und Atemwegsinfektionen entstehen, wenn Papageien etwa im Zug sitzen (falscher Käfigstandort am offenen Fenster) oder Ammoniak aus ungeputzten Käfigböden die Schleimhäute reizt. Vorbeugung: Käfig und Zubehör mind. 1x pro Woche gründlich reinigen (heißes Wasser, keine scharfe Chemie) und täglich Futter/Wasser wechseln. Keine Zugluft im Vogelzimmer – Fenster kippen geht, wenn der Käfig woanders steht. Bei Gruppenhaltung auf ausreichend Platz achten, damit Kot nicht direkt in Wasser fällt, etc. Manche Vögel entwickeln chronischen Nasenausfluss (Rhinitis) in zu trockener, staubiger Umgebung – hier ebenfalls Luftfeuchte erhöhen und staubbindende Maßnahmen (z.B. nach dem Staubsaugen lüften, damit Feinstaub rausgeht).


Pododermatitis (Sohlenballengeschwür)

Das ist eine schmerzhafte Entzündung an den Fußsohlen der Vögel, oft ausgelöst durch falsche Sitzstangen und Bewegungsmangel. Wenn ein Papagei ständig auf der immergleichen dünnen, harten Stange sitzt, entstehen Druckstellen, die sich infizieren können. Übergewicht verstärkt den Druck zusätzlich. Vorbeugung: Natursitzäste verschiedener Dicke anbieten – die Zehen sollen nicht ganz herumgreifen können, Abwechslung der Belastungspunkte ist wichtig. Weiche Seile oder Schaukeln entlasten die Füße zwischendurch. Und: wie oben betont, Bewegung! Ein Vogel, der viel fliegt, sitzt weniger und fördert die Durchblutung in den Füßen, was ebenfalls gegen Druckstellen hilft. Regelmäßig die Ballen inspizieren – Rötungen oder Verhornungen sofort reagieren (Tierarzt).


Schwermetallvergiftung

Papageien sind neugierig und nagen an allem – leider auch an metallenhaltigen Gegenständen. Altmodische Käfige oder Vorhangschienen enthalten oft Blei oder Zink, die in den Körper gelangen, wenn sie benagt werden. Schon kleine Mengen können eine schwere Vergiftung auslösen mit neurologischen Störungen (Taumeln, Krämpfe). Wellensittiche, Nymphensittiche, aber auch größere Arten werden häufig mit Verdacht auf Schwermetallvergiftung beim Tierarzt vorgestellt. Vorbeugung: Käfige und Zubehör nur in geprüfter, ungiftiger Qualität kaufen (pulverbeschichtete oder Edelstahldraht-Käfige, keine verzinkten Volierendrahtbauten ohne Schutz). Auf Haushaltsquellen achten: z.B. Gardinenbleibänder unerreichbar machen, kein Blei im Vogelzimmer. Freiflugbereiche papageiensicher gestalten – kein loser Draht, Metallkleinteile oder Farbreste (alte Farbe kann Blei enthalten). Falls doch mal ein Vogel was verschluckt: sofort Tierarzt. Besser aber alles gefährliche Nagen verhindern.


Teflonvergiftung

Ein akutes Risiko ist überhitztes PTFE (Teflon). Beim starken Erhitzen (über ca. 280 °C) setzen Teflon-Beschichtungen giftige Dämpfe frei, die für Vögel meist tödlich sind (sogenannter „Teflon-Tod“). Oft passiert das, wenn unbeaufsichtigt eine Antihaftpfanne leer auf dem Herd steht. Papageien in der Nähe atmen die unsichtbaren Dämpfe ein und versterben an akutem Lungenversagen. Vorbeugung: In einem Haushalt mit Vögeln möglichst auf Teflonpfannen verzichten oder extrem vorsichtig damit umgehen. Nie den Vogel in der Küche lassen beim Braten, immer lüften. Besser Keramik- oder Gusseisenpfannen verwenden, die keine gefährlichen Gase abgeben. Und: Vogelkäfig nie in der Küche platzieren! Das gilt auch wegen der generellen Küchendämpfe, die Papageien nicht bekommen.


Verhaltensstörungen (Rupfen, Schreien) als psychosomatisches Krankheitsbild

Auch das kann man als Folge von Haltungsfehlern betrachten, wurde aber bereits in Artikel 4 ausführlich behandelt. Kurz hier: Die beste Vorbeugung gegen psychosoziale Erkrankungen ist artgerechte Haltung mit Partner und Beschäftigung, um gar nicht erst stressbedingte Verhaltensauffälligkeiten entstehen zu lassen.


Allgemeine Vorsorge

Neben den genannten Punkten sollte man einige generelle Dinge beherzigen: Regelmäßige Vorsorge-Checks beim vogelkundigen Tierarzt (einmal jährlich ist empfehlenswert) helfen, Probleme früh zu erkennen. Viele Krankheiten lassen sich im Frühstadium leichter behandeln. Ein geübter Halter achtet zudem täglich auf Frühwarnzeichen: Nimmt der Vogel weniger Futter? Wirkt er aufgeplustert? Niesen, Durchfall, Veränderungen im Verhalten – all das sind Warnsignale, bei denen man eingreifen muss. Lieber einmal zu oft zum Tierarzt als einmal zu wenig, denn Papageien verbergen Krankheiten lange. Hygiene, Fütterung, Klima – diese drei Pfeiler bestimmen die Gesundheit maßgeblich. Wer hier stets auf einem guten Standard bleibt, erspart seinem Vogel viel Leid.


Fazit

Die meisten typischen Papageienkrankheiten lassen sich durch optimale Haltung vermeiden. Fehler wie falsches Futter, schlechter Käfig, mangelnde Reinigung oder Einsamkeit wirken sich direkt auf die Gesundheit aus. Umgekehrt gilt: Ein Papagei mit ausgewogener Ernährung, großem Bewegungsspielraum, passendem Klima und liebevoller, sachkundiger Pflege wird selten ernsthaft erkranken. Natürlich kann auch ein gut gehaltener Vogel mal etwas bekommen – aber die Wahrscheinlichkeit und Schwere sinken drastisch. Der beste „Tierarzt“ ist in diesem Sinne der vorbeugende Halter, der gar nicht erst viele Fehler machen muss. Und sollte doch etwas auftreten, heißt es: nicht zögern, früh handeln. Denn bei Papageien ist Vorsicht allemal besser als Nachsicht.

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