Empfindlicher Magen – besser Hafer weglassen?
- Tierisch schlau
- 20. Mai
- 3 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 28. Mai
Viele Pferdehalter glauben, dass Hafer als Getreide dem Magen schadet, vor allem wenn das Pferd zu Gastritis oder Magengeschwüren (EGUS) neigt. Tatsächlich hat Hafer aber einen besseren Ruf verdient: Laut Experten enthält Hafer natürliche Schleimstoffe, die die Magenschleimhaut schützen können. Im Vergleich zu Mais oder Gerste ist Hafer leichter verdaulich und regt durch seine Spelzen das Kauen an – mehr Kauen bedeutet mehr Speichel, und Speichel puffert die Magensäure. Der Knackpunkt ist die Menge: Große Stärkemengen in einer Mahlzeit (über ~1,5 kg Kraftfutter pro 500 kgPferd) überfordern den Magen und können zu Übersäuerung führen. Ein übervoller Magen entleert sich zudem zu schnell in den Darm, was die Verdauung durcheinanderbringt.

Praktische Fütterungstipps für magenempfindliche Pferde
Rauhfutter: Das A und O für einen gesunden Pferdemagen ist nahezu konstante Raufutteraufnahme. Pferde produzieren 24/7 Magensäure; ohne Futter im Magen greift die Säure die Schleimhaut an. Sorge also dafür, dass dein Pferd nie lange nüchtern steht. Mehrere Stunden ohne Heu sind Gift für empfindliche Mägen. Besser: Heunetz mit engen Maschen aufhängen, damit es kontinuierlich kleine Mengen fressen kann. Besonders vor stressigen Situationen (Training, Transport) sollte im Magen etwas Heu sein – ein Polster aus Fasern und Speichel schützt vor Säureschub.
Kraftfutter reduziert und aufgeteilt: Auch wenn dein Pferd arbeiten muss – versuche den Kraftfutteranteil so niedrig wie möglich zu halten. Viele Freizeitpferde kommen mit gutem Heu, Mineralfutter und etwas Öl als Energiequelle aus. Muss Kraftfutter sein, wähle magenfreundliche Varianten: Haferflocken, getreidefreie Müslis (auf Basis von Luzerne, Rübenschnitzel, Reiskleie etc.) oder aufgeweichte Rübenschnitzel (Zuckerrübenschnitzel sind stärke- und zuckerarm, liefern aber Kalzium und Energie). Wichtig: Portionen klein halten! Lieber drei Mini-Mahlzeiten am Tag als eine große. So hat der Magen weniger Volumen auf einmal zu bewältigen und die Stärke wird besser verdaut. Generell profitieren magenempfindliche Pferde von einer stärke- und zuckerreduzierten Ration.
Magenschmeichler zufüttern: Bewährte Hausmittel für den Pferdemagen sind Leinsamen und Heucobs/Luzernecobs. Leinsamen (geschrotet und heiß aufgekocht) bildet Schleim, der sich wie ein Schutzfilm auf die Magenschleimhaut legt. Viele füttern 50-100g aufgequollenen Leinsamen pro Tag als „Magenschutz“. Auch Weizenkleie im Mash enthält Schleimstoffe und Pektine, die magenpflegend wirken. Achte bei Kleie aber auf Mengen, da sie Phosphor enthält. Luzerne (Alfalfa) wurde in Studien als Puffersnack getestet – das enthaltene Kalzium kann Magensäure neutralisieren. Allerdings ist Luzerne eiweißreich und nicht jedes Pferd verträgt große Mengen davon, zudem gibt es Diskussionen, ob Luzerne wirklich so hilfreich ist, wie gedacht. Ein paar Luzerne-Cobs vor dem Reiten schaden aber in der Regel nicht und liefern Proteine. Kamillentee oder Kräuter: Einige Pferde trinken tatsächlich lauwarmen Kamillentee aus einem Eimer – Kamille wirkt beruhigend auf Magenentzündungen. Es gibt auch fertige Kräutermischungen (z.B. mit Süßholz, Malvenblüten, Melisse), die als Tee oder ins Futter gegeben werden können, um den Magen zu beruhigen.
Stress und Schmerz minimieren: Häufig sind Magenprobleme auch ein Management-Thema. Stress (ständiger Herdenwechsel, Transport, Turniere) kann Magensäure-Produktion erhöhen. Versuche, deinem Pferd ausreichend Ruhephasen und einen verlässlichen Tagesablauf zu bieten. Interessant: Viele Pferde mit Magengeschwüren haben auch unerkannte Schmerzen im Bewegungsapparat, die dauerhaften Stress verursachen. Lass also Zähne, Rücken, Sattel, Hufe etc. checken. Ein Pferd, das irgendwo chronische Schmerzen hat, ist anfälliger für Magenulzera. Auch Trainingsstress (Überforderung) kann auf den Magen schlagen – achte auf Abwechslung und positive Verstärkung im Training, damit dein Pferd mental ausgeglichen bleibt.
Medizinische Behandlung nicht vergessen: Zeigen sich deutliche Anzeichen von Magengeschwüren (z.B. Zähneknirschen, Gähnen, schlecht fressen, Koliksymptome beim Angurten), scheue dich nicht, den Tierarzt hinzuzuziehen. Eine Gastroskopie bringt Klarheit, und oft hilft eine Kur mit Omeprazol, damit die Schleimhaut abheilen kann. Wichtig ist, parallel dazu die oben genannten Managementmaßnahmen umzusetzen, damit nach Absetzen der Medikamente kein Rückfall kommt.
Fazit
Du musst Hafer nicht grundsätzlich weglassen. In angemessener Portion (verteilt auf mehrere kleine Mahlzeiten) ist Hafer für magenempfindliche Pferde oft besser verträglich als andere Getreide. Wichtig ist, dass der Hafer von guter Qualität und schimmelfrei ist – verdorbener Hafer kann natürlich Probleme machen. Wenn dein Pferd allerdings bereits ein Magenproblem hat (diagnostizierte Geschwüre), kann es sinnvoll sein, vorübergehend auf getreidefreie Futter umzusteigen. Viele haferfreie Müslis enthalten allerdings stattdessen Gerste oder Mais, was auch nicht weniger Stärke bedeutet. Entscheidend ist also das Gesamtkonzept der Fütterung, nicht ein einzelnes Futtermittel.


